Wann darf ein Streuobstbestand umgewandelt werden?

Umweltdezernent Martin Wuttke: „Die Untere Naturschutzbehörde kommt ihrer gesetzlichen Aufgabe vollumfänglich nach – mit uns kann man reden.

bei Georg Kost

Symbolfoto: infopress24de

BÖBLINGEN, 04.03.2023 (pm) – Die Mahnwache des „Aktionsbündnis Naturschutz im Kreis Böblingen“ vor dem Landratsamt Böblingen nehme man etwas erstaunt zur Kenntnis, so Martin Wuttke, Dezernent für Umwelt und Klima und stellvertretender Landrat. „Wir haben bis heute nur auf Umwegen bzw. über die Presse davon erfahren; auch unser konkretes Gesprächsangebot blieb zunächst unbeantwortet“, bedauert er. „Wir hätten einen fachlichen Austausch einer medialen Auseinandersetzung vorgezogen, stellen uns jedoch der sogenannten Mängelliste, die auch uns zugeleitet wurde.“
Martin Wuttke suchte am Rand der Mahnwache vor Ort das Gespräch mit den Demonstrierenden. Das Aktionsbündnis wirft der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) vor, diese kümmere sich nicht „in ausreichendem Maße“ um die Umsetzung der im Naturschutzgesetz verankerten Ziele in Sachen Natur- und Artenschutz sowie insbesondere um die Bewahrung der Streuobstgebiete im Zuge kommunaler Bebauungsplanverfahren.

Das Land Baden-Württemberg hatte das Naturschutzgesetz 2020 verschärft. Seither gilt, dass Streuobstbestände ab einer Größe von 1.500 Quadratmeter nur noch unter bestimmten Voraussetzungen umgewandelt werden dürfen, und es bedarf der Genehmigung der UNB. Dabei handelt es sich immer um eine Einzelfallentscheidung, bei der beispielsweise wichtig ist, ob die betroffene Streuobstwiese für den Erhalt der Artenvielfalt von wesentlicher Bedeutung ist.

„Wir sind mit allen Kommunen im Austausch und beraten umfassend zur geänderten Rechtslage“, betont der Umweltdezernent. „Bisher sind nur zwei Umwandlungsgenehmigungen erteilt worden. In den meisten Fällen auf dieser Liste wurde noch gar kein Antrag auf Umwandlung gestellt. Und wo vorab dennoch mit Fällungen begonnen wurde, verfolgen wir konsequent mit Ordnungswidrigkeiten-Verfahren und fordern Ausgleichsmaßnahmen ein.“

Auf der „Mängelliste“ des Aktionsbündnis findet sich beispielsweise das geplante Baugebiet „Lehengarten/Hailfinger Weg“ in Gäufelden-Öschelbronn. Der Bebauungsplan wurde hier zwar geändert, der UNB wird aber vorgeworfen, sie habe erst auf Druck Anderer reagiert. „Die UNB hatte im Rahmen ihrer Beteiligung im Bebauungsplanverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass noch nicht alle Gutachten vorliegen, um eine abschließende Entscheidung treffen zu können“, erklärt Martin Wuttke. „Im Januar 2022 wurden dann von privat einzelne Bäume gefällt; dies wurde von unserer Seite untersagt und die oben genannten Schritte eingeleitet. Das Verfahren selbst konnte im Herbst 2022 abschließend geprüft und die Gemeinde dahingehend beraten werden, das Gebiet entsprechend zu verändern.“ Ein förmlicher Antrag auf Umwandlung des Streuobstbestandes sei noch nicht einmal gestellt gewesen.

Ebenfalls auf der Liste ist das Baugebiet Häugern in Weil der Stadt. Hier sind und drei Hektar Streuobstwiesen betroffen, das Bebauungsplan-Verfahren läuft aktuell. „Die UNB hat schon jetzt auf Klärungsbedarf in einzelnen Punkten hingewiesen, der Antrag auf Umwandlungs-genehmigung der Streuobstbestände liegt aber noch nicht vor“, so Wuttke. Man habe hier jedoch bereits umfangreiche Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung von Eingriffen festgesetzt; so seien beispielsweise der Ersatz und damit die Aufwertung überalterter Streuobstbestände und die Neupflanzung hochstämmiger Obstbäume vorgesehen. „Unsere Arbeit ist transparent, die Stellungnahmen können jederzeit angefordert werden“, betont der Umweltdezernent Martin Wuttke. „In Zusammenhang mit der Mahnwache hätten wir uns gewünscht, dass man uns im Vorfeld offiziell informiert und auch zu unserem Gesprächsangebot Ja oder Nein sagt, anstelle über die Presse ein solches zu fordern. Mit uns kann man reden.“