
Von den Fürbitten der Einsatzkräfte getragen war der Floriansgottesdienst in Neuhausen. Foto Georg Kost
NEUHAUSEN, 05.05. 2025 (rsr) – Wenn Einsatzkräfte für andere da sind, ist oft keine Zeit für eigene Gefühle. Umso wichtiger sind Orte, an denen auch Helferinnen und Helfer einmal innehalten können. Der Floriansgottesdienst am Sonntagabend in der katholischen Kirche St. Urban und Vitus in Neuhausen war genau so ein Ort – bewegend, stärkend, hoffnungsvoll.
Rund 150 Menschen – darunter Angehörige von Feuerwehr, Polizei, THW, DLRG, DRK, ASB, Maltesern, Bergwacht, Rettungshundestaffel und viele Bürgerinnen und Bürger – füllten das Gotteshaus bis auf den letzten Platz. Anlass war der Gedenktag des Heiligen Florian, dem Schutzpatron der Feuerwehrleute und aller, die im Dienst für andere stehen. Organisiert wurde der Abend von der Feuerwehr Neuhausen.
Gestaltet wurde der ökumenische Gottesdienst von Notfallseelsorger Pfarrer Julian Albrecht von der evangelischen Kirchengemeinde Mühlhausen und Pfarrer Edgar Wunsch von der katholischen Kirchengemeinde Biet. Die beiden verstanden es, nicht nur liturgisch, sondern auch menschlich einen Nerv zu treffen – gerade bei jenen, die täglich mit Extremem konfrontiert sind.

Mehr als ein Gottesdienst – ein Abend, der trägt. Foto Georg Kost
In seiner Predigt nahm Pfarrer Albrecht die Geschichte vom barmherzigen Samariter aus dem Lukasevangelium als Ausgangspunkt. Er fragte: „Für wen tun wir das, was wir tun – und wie bleiben wir bei all dem Mensch?“ Gerade in Zeiten von Digitalisierung, Tempo und Spezialisierung gehe es um mehr als Professionalität. Es gehe darum, Empathie zu behalten – nicht als Schwäche, sondern als Stärke. „Menschlichkeit ist ein Schutzschild“, womit vielen Gottesdienstbesuchern aus der Seele gesprochen wurde. Auch das Thema psychische Belastung nach belastenden Einsätzen wurde offen angesprochen. Ein Tabu, das oft übergangen wird – hier aber einen würdigen Raum bekam, ebenso wie die Segnung von zwei neuen Mitarbeitenden in der Notfallseelsorge durch Pfarrer Albrecht.
Pfarrer Wunsch schloss sich mit klaren Worten des Dankes an die Einsatzkräfte an: „Sie fragen nicht, sie handeln.“ Seine kritische Haltung gegenüber Gaffern, die bei Unfällen und Notlagen zur Belastung statt zur Hilfe werden, sorgte für zustimmendes Nicken in den Reihen.
Mehrfach wurde die feierliche und dennoch nahbare Atmosphäre im Gottesdienst von spontanem Applaus unterbrochen – eine seltene Geste im Kirchenraum, die umso mehr zeigte: Hier wurde etwas Echtes gesagt. Etwas, das bleibt.
Auch das Saxophonensemble unter der Leitung von Walter Beer trug zur besonderen Stimmung bei. Mit ruhigen, fein abgestimmten Klängen gab es den Momenten Tiefe und eine musikalische Seele.
Nach dem Gottesdienst war noch lange nicht Schluss: Die Feuerwehr Neuhausen hatte zum traditionellen Ständerling in Heinrichs Scheune eingeladen. Bei Imbiss und Getränken entstanden Gespräche über Uniformgrenzen hinweg – persönlich, offen, kollegial. Für viele eine seltene Gelegenheit, auch einmal außerhalb von Einsätzen Verbindung zu spüren.
Ein besonders wichtiges Zeichen setzte die Kollekte des Abends. Sie ging an die Beratungsstelle Lilith, die sich für den Schutz vor sexualisierter Gewalt an Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Enzkreis und in Pforzheim einsetzt. Kerstin Heilmann, Leiterin der Einrichtung, bedankte sich für die Unterstützung.
Der Floriansgottesdienst findet jedes Jahr am 4. Mai in wechselnden Kirchen der Region statt. Doch er ist längst mehr als eine kirchliche Tradition. Er ist ein Raum der Begegnung, der Menschlichkeit und der Dankbarkeit. Und vielleicht gerade für jene, die sich sonst eher selten in Kirchenbänken wiederfinden, ein Ort, an dem der Glaube wieder spürbar wird – als Gemeinschaft, als Stärke, als leiser Zuspruch.