Aktuelle Situation bei der Firma Müller-Fleisch vorgestellt

bei Georg Kost

ENZKREIS/BIRKENFELD, 23.04.2020 (pm) – Am heutigen Donnerstag hat der Landrat des Enzkreises Bastian Rosenau kurzfristig zu einer Pressekonferenz eingeladen, um die Öffentlichkeit umfassend zur aktuellen Situation rund um die Firma Müller Fleisch in Birkenfeld zu informieren. Sie stellt sich wie folgt dar:

  • Was ist bisher geschehen?

Am Gründonnerstag lag dem Gesundheitsamt das erste positive Testergebnis einer bei einem Dienstleister der Firma Müller-Fleisch beschäftigten Person vor. Dabei stellte sich heraus, dass diese Person mit weiteren Mitarbeitern der betroffenen Dienstleistungsfirma zusammenwohnt. Alle Kontaktpersonen der Kategorie 1 wurden ebenfalls getestet. Zehn weitere waren ebenfalls positiv. Dieses Ergebnis lag am Ostermontag vor. Daraufhin wurden bereits am Dienstag nach Ostern rund 240 Mitarbeiter vor Ort im Betrieb getestet. Das ganze Ausmaß war zu Beginn nicht bekannt. Aber natürlich ging das Gesundheitsamt von Anfang an mit erhöhter Wachsamkeit zu Werke. Bereits am Karfreitag wurden weitere Testungen durchgeführt, am Ostermontag erfolgte die aufwändige Planung für die zahlreichen Testungen, die ab Dienstag anstanden. Inzwischen wurden rund 1.000 Tests bei Beschäftigen der Firma durchgeführt und dem Landratsamt liegen alle positiven und negativen Ergebnisse vor, die bis einschließlich Montag, 20. April 2020, durchgeführt wurden. Dies waren etwa 800. Bisher wurden 220 positiv getestete Personen festgestellt. Rund 100 Tests sind noch geplant. Zur Vorgehensweise gilt grundsätzlich: Sobald Ergebnisse vorliegen, werden die betroffenen Gemeinde üblicherweise umgehend und tagesaktuell vom Gesundheitsamt informiert.

  • Wie sieht es mit dem Schutz des Verbrauchers aus?

Was die Gesundheitsgefahr angeht, schließt sich das Gesundheitsamt den folgenden Aussagen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) an, auf das u.a. auch das Robert-Koch-Institut verweist: “Es sind bisher keine Infektionen mit SARS-CoV-2 über diesen Übertragungsweg (Fleisch) bekannt”.
Das BfR verweist auf die erforderliche Handhygiene und sagt außerdem: “Da die Viren hitzeempfindlich sind, kann das Infektionsrisiko durch das Erhitzen von Lebensmitteln zusätzlich weiter verringert werden.” Das Institut kennt bislang keinen einzigen Fall, bei dem das Corona-Virus über Lebensmittel weitergeben worden wäre.

  • Wie ist die Unterbringungssituation der Beschäftigten?

Müller-Fleisch-Beschäftigte sind nach dem Kenntnisstand des Landratsamtes in Birkenfeld, Engelsbrand, Neuenbürg sowie in der Stadt Pforzheim untergebracht. Im Kreis Calw sind die Gemeinden Dobel, Höfen, Schömberg und Bad Wildbad betroffen. Das Gesundheitsamt steht von Anfang an in einem engen Austausch mit Müller-Fleisch sowie mit den betroffenen Gemeinden wie auch der Polizei, um bei der Einhaltung der Quarantänebestimmungen auch unter Hinzuziehung der Verantwortlichen bei der Firma Müller-Fleisch zu unterstützen.

Die bisher getroffenen Anordnungen werden ständig auf ihren Anpassungsbedarf hin überprüft. Unter anderem hat das Gesundheitsamt darauf hingewirkt, sogenannte geschlossene Systeme zu schaffen, so dass immer dieselben Personen aus der Belegschaft miteinander zu tun haben und kein Wechsel in der personellen Besetzung stattfindet. Bei der Arbeit bzw. auf dem Weg zur und von der Arbeit müssen zudem Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Das Unternehmen hat darüber hinaus alle Schnittstellen beispielsweise zu Lieferanten reglementiert, um eine Verbreitung des Virus nach außen zu verhindern.

Teilweise ist dem Landratsamt auch bekannt, dass Beschäftigte der Firma Müller-Fleisch in verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften mit anderen Beschäftigten aus dem Baugewerbe, der Gastronomie, aber auch von Amazon zusammenwohnen. Daher arbeitet man im Augenblick mit Hochdruck daran, weitere Zusammenhänge und eventuelle Kontaktpersonen zu ermitteln, und gegebenenfalls weitere Quarantänemaßnahmen einzuleiten. In anderen Firmen wurden jedoch bislang noch keine Reihentests geplant oder gar durchgeführt.

Die Stadt Pforzheim und der Enzkreis werden in jedem Fall zeitnah eine separate Unterbringung in einer Quarantänestation für alle positiv Getesteten in geeigneten Liegenschaften organisieren.

  • Was sieht es mit möglichen Kontaktpersonen aus?

Das Gesundheitsamt versucht grundsätzlich, alle positiv Getesteten persönlich zu kontaktieren. Aufgrund der Sprachbarriere war es im Fall der Beschäftigten der Firma Müller-Fleisch bislang allerdings unumgänglich, die Informationen auch über die Subunternehmen weiterzugeben. Ein fremdsprachiges Team befindet sich daher beim Gesundheitsamt gerade im Aufbau. In Kürze wird das Gesundheitsamt generell seine personelle Besetzung weiter aufstocken. Fünf Mitarbeiter des Verbraucherschutz- und Veterinäramtes des Landratsamtes arbeiten derzeit direkt bei Müller-Fleisch als Veterinäre oder bei der Fleischhygiene-Kontrolle. Diese tragen bei der Arbeit FFP2-Masken, haben Hygienekleidung, die täglich gewechselt wird, und haben eigene Pausen- und Büroräume.

  • Welche Maßnahmen wurden getroffen?

Grundsätzlich dürfen Betriebe weiterhin produzieren, wenn es sich um sogenannte „kritische Infrastruktur” handelt. Das sind Versorgungssysteme unserer Gesellschaft, ohne die „nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.” (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe). Zur kritischen Infrastruktur gehören zum Beispiel auch Betriebe der Strom-, Gas- und Wasserversorgung, die Polizei und die Krankenhäuser. In Deutschland gehören alle Bereiche der Lebensmittel-Herstellung, der Verarbeitung und des Lebensmittel-Handels zur kritischen Infrastruktur.

Entsprechend enthält die, am vergangenen Freitag auf der Enzkreis-Homepage, veröffentlichte Allgemeinverfügung alle Regelungen, die für die Firma Müller-Fleisch und ihre Beschäftigten nun gelten. Da der komplette Betrieb unter Quarantäne gestellt wurde, dürfen sich die Mitarbeiter nur zuhause oder bei der Arbeit aufhalten. Die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn ist untersagt. Und natürlich darf niemand, der positiv getestet wurde oder der Symptome zeigt, zur Arbeit.

Darüber hinaus gibt das Gesundheitsamt seit Wochen Hygienehinweise heraus. An Orten, an denen viele Menschen zusammenkommen, wurden diese Informationen in Form von mehrsprachigen Handzetteln verteilt. Auf der Homepage des Gesundheitsamtes finden sich zudem Corona-Erklärvideos in den verschiedensten Sprachen. Und inzwischen unterstützt die Deutsch-Rumänische Gesellschaft das Gesundheitsamt durch Dolmetscherdienste und direkten Kontakt zu den Arbeitskräften aus Rumänien.

Die Strategie im Umgang mit der Firma Müller-Fleisch wurden in engem Austausch mit dem Kompetenzzentrum Gesundheitsschutz beim Landesgesundheitsamt entwickelt.