
Freuen sich über die große Resonanz: Anne Marie Rouvière-Petruzzi, Katja Kreeb, Landrat Bastian Rosenau, Stefan Seyfarth und Mohamed Zakzak. (v.l.n.r) Foto: LRA Enzkreis; Giovanna Lehmann
ENZKREIS/PFORZHEIM, 29.12.2025 (enz) – Was passiert mit unserem Kind, wenn wir selbst nicht mehr da sind? Können wir ihm überhaupt etwas vererben, wenn es doch auf staatliche Unterstützung angewiesen ist? Wie kann das Vermögen in der Familie verbleiben? Und was regelt eigentlich ein sogenanntes „Behindertentestament“?
Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Informationsveranstaltung speziell für Eltern von Kindern mit Behinderung. Über 120 Betroffene waren der Einladung der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung im Enzkreis und der Stadt, Anne Marie Rouvière-Petruzzi und Mohamed Zakzak, ins Landratsamt gefolgt, um sich einen Überblick über das „Behindertentestament“ zu verschaffen. Nach der Begrüßung durch Landrat Bastian Rosenau führte der Fachanwalt für Erbrecht Stefan Seyfarth durch den Abend.
Menschen mit Behinderung bekommen oft Leistungen der Eingliederungshilfe oder Sozialleistungen wie beispielsweise Grundsicherung. Diese Leistungen sind in der Regel einkommens- und vermögensabhängig“, erklärte der Rechtsexperte. Ein „Behindertentestament“ regele für den Fall des Ablebens der Eltern die Versorgung des Kindes über dem Sozialhilfeniveau. „Das Testament schützt das Familienvermögen wie eine Käseglocke und ermöglicht es, ein ganzes Leben lang zusätzliche Leistungen zu finanzieren“, veranschaulichte der Anwalt den Sachverhalt. Sinn und Zweck des Behindertentestaments sei es, dem Kind zwar Vermögen zukommen zu lassen, gleichzeitig aber sicherzustellen, dass die Basisversorgung durch den Sozial- bzw. Eingliederungshilfeträgers erhalten bleibt. „Die Enterbung ist also keinesfalls die Lösung“, stellte Seyfarth klar.
„Welche Person kann als Testamentsvollstrecker eingesetzt werden?“, lautete eine Frage aus dem Publikum. In Fällen, in denen beispielsweise der Bruder oder die Schwester des Kindes bereits als rechtlicher Betreuer vorgesehen sind, sei es ratsam, eine andere Person für die Testamentsvollstreckung zu benennen, damit es nicht zu Interessenskonflikten komme, erklärte der Jurist. Ebenso sei es wichtig, im Testament möglichst konkret zu beschreiben, für was das Erbe eingesetzt werden soll. „Wenn das Kind beispielsweise eine große Leidenschaft für einen Fußballverein, ein bestimmtes Hobby oder für eine Urlaubsregion hat, dann lohnt es sich, dies im Testament mit aufzunehmen“, so Seyfarth. Damit könne man sicherstellen, dass das Erbe beispielsweise für Fahrten zu Spielen oder Reisen eingesetzt werde, sofern die Kosten über die regulären Leistungen der Eingliederungshilfe hinaus gehen.
Nach dem Vortrag nutzen viele Eltern noch die Möglichkeit, mit verschiedenen Anlauf- und Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung ins Gespräch zu kommen.
„Die große Resonanz zeigt uns, dass wir mit unserem Angebot genau den Nerv getroffen haben“, freuen sich Anne Marie Rouvière-Petruzzi und Mohamed Zakzak. Solche Veranstaltungen seien wichtig, denn Menschen mit Behinderung sollen genauso vom Erbe ihrer Eltern profitieren können, wie ihre Geschwister ohne Behinderung.
