Hirse neu entdeckt

Jetzt auch im Enzkreis erhältlich

bei Georg Kost

Ab sofort kann bei rund 35 Verkaufsstellen in der Region „Bio-Enzkreis-Hirse“ aus heimischem Anbau erworben werden. Foto: LRA Enzkreis, E. Bayram-Yildiz

ENZKREIS, 24.11.2023 (pm) –  Die Bio-Musterregion Enzkreis hat zusammen mit etlichen Kooperationspartnern ein außergewöhnliches Projekt auf den Weg gebracht: Ab sofort kann bei rund 35 Verkaufsstellen in der Region „Bio-Enzkreis-Hirse“ aus heimischem Anbau erworben werden. Maßgeblich beteiligt sind vier Bio-Landwirte aus dem Enzkreis: Martin Gay in Nöttingen, Thomas Blanc in Kleinvillars, Frank Bäuerle in Iptingen, und Frank Martin in Wiernsheim – und die Mühle Beck in Weiler als Weiterverarbeiter.

„Damit haben wir mitten im Klimawandel ein altes Getreide neu entdeckt“, freut sich Ursula Waters, Regionalmanagerin der Bio-Musterregion Enzkreis. Die Folgen der Klimaveränderungen mit Starkregen und zum Teil langen Trockenperioden werden nach ihren Worten auch in der Region immer sichtbarer. Damit würden Kulturen, die mit diesem veränderten Klima zurechtkommen, verstärkt in den Fokus der Landwirte rücken. „Unsere Haupt-Getreidearten tun sich mit langanhaltender Trockenheit zum Teil schwer“, berichtet sie. „Ganz anders dagegen Hirse: Sie ist eine sehr anspruchslose Kulturpflanze, die lange Trockenperioden ausgezeichnet übersteht. Sie eignet sich damit ideal, um trotz Klimawandel erfolgreich Getreide anzubauen und so die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen Lebensmitteln weiter zu sichern.“

In der Region ist der Anbau von Hirse laut Waters von alters her bekannt: „Allerdings geriet er durch den verstärkten Anbau von Kartoffeln, Weizen und Mais immer mehr in Vergessenheit und verschwand zuletzt leider fast gänzlich aus der „Produktpalette“ der Landwirte – und damit auch von unserem Speiseplan. Und das möchten meine Mitstreiter in der Projektgruppe und ich gerne ändern.“ Hirse sei schließlich reich an wichtigen Inhaltsstoffen wie B-Vitaminen, Magnesium, Calcium, Fluor, Eisen, Silizium und Kieselsäure und eigne sich damit ausgezeichnet für eine gesunde Ernährung.

Hirse kann jedoch nicht direkt vom Acker in den Handel gelangen, da sie zunächst maschinell von Staub zu reinigen ist und andere Fremdkörper wie etwa Steinchen herausgelesen werden müssen. Eine echte Herausforderung stellt auch der Transport der geernteten Hirse dar, da es sich um sehr kleine Körner handelt, die durch jeden noch so winzigen Spalt rieseln. „Doch auch für dieses Problem haben wir eine Lösung gefunden“, berichtet Waters. So wird die Hirse nach der Ernte zum Schälen zu einem der vier Anbauer transportiert. Hierfür wurde eigens eine Schälmaschine aus dem Ausland beschafft, die es hierzulande gar nicht gibt. Sie hatte jedoch keinen Motor. Aber selbst das schreckte die Projektgruppe nicht: Kurzerhand wurde in Eigenarbeit ein kleiner Motor eingebaut.

Damit die Hirse bis in den Handel gelangen kann, musste schließlich – was in der Regel kein leichtes Unterfangen ist – noch ein Verarbeiter gefunden werden, was erfreulicherweise mit der Mühle Beck in Weiler gelang. Dort gehen die Hirse-Körner nach dem Reinigen und Schälen weiter zum Trocknen und mehrfachen Sortieren in den sogenannten Farbausleser. Nach der Qualitätskontrolle durch den Müller Eric Becker ist die Hirse dann zum Abfüllen in Tüten bereit. Hier hilft die Senior-Chefin zusammen mit Schülerinnen und Schülern sowie Studentinnen und Studenten.

Zum Abschluss wird an der Tüte noch ein schönes Etikett angebracht, auf dem als kleine „Zugabe“ gleich noch zwei Hirse-Rezepte aufgedruckt sind – eins für eine Süßspeise und eins für ein herzhaftes Gericht.

„Alle am Hirse-Projekt Beteiligten haben bisher jede Hürde gemeistert und keine Mühen gescheut, um diese Aktion zum Ziel zu führen“, so der Landwirtschaftsdezernent des Enzkreises, Holger Nickel, abschließend. „Dafür danke ich ihnen herzlich und wünsche mir, dass ihr Einsatz mit tollen Verkaufszahlen belohnt wird.“ Die Hirse wird in 250- und 500-Gramm-Packungen im regionalen Handel und vor allem auch bei direkt vermarktenden Betrieben im Enzkreis und in der Stadt Pforzheim an die Endkunden verkauft. Die Liste der Verkaufsstellen wird auf der Website www.biomusterregion-bw.de/enzkreis ständig aktualisiert. Dort finden sich auch weitere Infos zum Projekt sowie Rezepte.

Die Projektgruppe hat noch weitere Einsatzbereiche gefunden: So entwickelte beispielsweise die Pforzheimer Bäckerei Toifl ein Brot, das die Bio-Enzkreis-Hirse enthält. Weitere Produkte aus oder mit den wertvollen Körnern sind in der Entwicklung.