Aus Italien in den Enzkreis

Eine neue Heimat gefunden

bei Georg Kost

In zweiter Generation führen Oliver Cosma und Gabriella Guida-Cosma das Traditionsgasthaus „Rössle“ in Wilferdingen. Foto: LRA Enzkersi

ENZKREIS, 16.12.023 (enz) –  Deutschland in den Nachkriegsjahren: Ein drastischer Arbeitskräftemangel veranlasst die Regierung, in den 1950er-Jahren Arbeitsmigranten aus verschiedenen Ländern anzuwerben, darunter auch Italien. Die Anwerbung von italienischen „Gastarbeitern“ war Teil eines Abkommens zwischen beiden Ländern, das darauf abzielte, die deutsche Wirtschaft wieder aufzubauen. Gerade die Migranten aus Italien spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und dem Wiederaufbau Deutschlands, während sie gleichzeitig ihre eigene kulturelle Prägung in die deutsche Gesellschaft einbrachten – so auch im Enzkreis.

Aus eigener Kraft aufgebaut
Die Geschichte der Familie Cosma in Wilferdingen ist ein Beispiel dafür, wie eine italienische Familie im Enzkreis Fuß fasste und hier eine neue Heimat fand. In zweiter Generation führen Oliver Cosma (48) und Gabriella Guida-Cosma (43) das Traditionsgasthaus „Rössle“, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts Carl Dittler gehörte. Der machte sich als Revolutionär 1848/49 einen Namen und wanderte nach dem Scheitern der Revolution nach Amerika aus. „Diese Vorgeschichte hat meinen Vater bewogen, den Namen des Lokals nicht zu verändern“, beschreibt Oliver Cosma. Pasquale Cosma, ein Nachkomme italienischer „Gastarbeiter“, fand Ende der 1970er-Jahre seine Heimat in Remchingen. In der Tradition seines Vaters, der in den 1950er-Jahren aus Apulien nach Deutschland gekommen war und später wieder in seine Heimat zurückkehrte, begann Pasquale zunächst als Gipser zu arbeiten und jobbte nebenbei als Kellner. Wie es wohl wäre, ein eigenes Lokal zu führen, fragte er sich manchmal? Die Gelegenheit dazu bot sich 1979 mit dem Rössle in Wilferdingen.

Vereine als Schlüssel für Integration
Das Lokal vereint italienische und deutsche Küche unter einem Dach, und dieses Erfolgsrezept hat bis heute Bestand. Oliver, Pasquales Sohn, wuchs in der Wirtswohnung auf und ging in Wilferdingen zur Schule. Gabriellas Familie teilt eine ähnliche Migrationsgeschichte. Ihr Vater machte sich in Neulingen mit einem Natursteinhandel einen Namen. „Die Integration meiner Eltern hat gut funktioniert, weil sie sich hier bewusst eine Zukunft aufgebaut haben. Sie wollten hier etwas hinterlassen“, erzählt Gabriella. Durch Engagement im Fußballverein und im Turnverein fanden sie sich aktiv in das Dorfleben ein, was Gabriella als Schlüssel für ihre gelungene Integration betrachtet.

Die vierte Generation: im Enzkreis zuhause
Die Kinder der Familie, Flavio (19), Silvio (16) und Layla (10), repräsentieren bereits die vierte Generation und sind selbstverständlich im Enzkreis zuhause. Obwohl sie die deutsche Kultur leben, pflegen sie weiterhin die italienische Sprache. Das unterstreicht ihre Wurzeln und verbindet sie mit der reichen Geschichte ihrer Familie. Zwar leben Oliver und Gabriella Cosma inzwischen getrennt, das Restaurant führen sie aber nach wie vor als bewährtes „Dream-Team“ gemeinsam.

Hier gibt’s mehr zum Thema:

http://www.roessle-wilferdingen.de/

https://www.landesarchiv-bw.de/sixcms/media.php/120/Huber_Mayer_Heimat_fuer_Millionen.pdf