LEONBERG, 20.04.2023 (pm) – Die Wiedererrichtung der Bioabfallvergärungsanlage auf der ehemaligen Deponie Leonberg schreitet voran. Ein Brand hatte die Anlage im September 2019 aus ungeklärter Ursache vollständig zerstört. Dem Baustart gingen drei Jahren intensiver Vorarbeit voraus samt Abbruch der Brandruine, Klärung von Versicherungsfragen und ein umfangreiches Genehmigungsverfahren.
„Die aktuelle Energiekrise macht schmerzhaft deutlich, wie sehr wir von ausländischem Gas abhängig sind. Wir müssen uns um die eigene Energiesicherheit selber kümmern. Dazu haben wir auf kommunaler Ebene viele Gestaltungsmöglichkeiten. Lokale, regenerative Energiegewinnung bedeutet mehr Sicherheit und mehr Klimaschutz. Mit diesem Projekt werden die Chancen für innovative Technologien bei der Bioabfallvergärung und insbesondere bei der Verwertung des Biogases durch Methanisierung und CO2 Verflüssigung optimal genutzt“, betont Landrat Roland Bernhard bei seiner Rede und freut sich besonders über die interkommunale Kooperation mit dem Landkreis Esslingen und den Stadtwerken Sindelfingen.
Manfred Kopp, Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs Esslingen, pflichtet ihm bei: „Ich freue mich, dass mit diesem interkommunalen Projekt künftig auch Bioabfälle aus dem Landkreis Esslingen in der Leonberger Vergärungsanlage effizient verwertet werden. Es war richtig, dass wir trotz der Havarie an unseren gemeinsamen Plänen zum Ausbau festgehalten haben und nun die Gelegenheit nutzen, um eine neue, größere Anlage aus einem Guss zu errichten.“ Bereits im Frühjahr 2019 hatte man einen Kapazitätsausbau der Vergärungsanlage beschlossen.
Die Landkreise Böblingen und Esslingen kooperieren seit 2005 bei der Verwertung von Bioabfällen, um daraus am Standort Leonberg Energie durch Vergärung zu gewinnen und danach aus den Gärresten am Standort Kirchheim unter Teck Kompost herzustellen.
Die neue Vergärungsanlage am Standort der ehemaligen Erd- und Bauschuttdeponie an der Autobahn A 8 auf Gemarkung Leonberg wird für eine Gesamtkapazität von 72.000 Tonnen aus beiden Kreisen, davon 60.000 Tonnen Bioabfälle und 12.000 Tonnen Grünabfälle gebaut und wird damit die größte kommunale Anlage ihrer Art in Baden-Württemberg.
Die gesamten Kosten für den Bau der Halle und der Anlagentechnik für Vergärung, Methanisierung und CO2 Verflüssigung einschließlich neues Betriebsgebäude und sonstigen Gewerken belaufen sich voraussichtlich auf rund 44 Mio. Euro. Die Anlage soll im Herbst 2024 fertiggestellt werden. Der Anlagenteil für die Methaniserung wird nicht bei der Vergärungsanlage, sondern bei der ehemaligen Kreismülldeponie Sindelfingen errichtet. Das Biorohgas wird dazu per Leitung transportiert. Der Vorteil: So kann das Methangas direkt in das Fernwärmenetz der Stadtwerke eingespeist werden.
Dieses interkommunale Projekt der beiden Landkreise zusammen mit Stadtwerken leistet einen bedeutenden Beitrag für den Klimaschutz, indem jährlich rund 12.300 Tonnen Treibhausgase eingespart werden.
BVL-Geschäftsführer Wolfgang Bagin erläutert die Dimensionen: „Die mächtige Anlieferhalle von 70 Meter Länge steht auf der Bestandsbodenplatte des abgebrannten Gebäudes. Hier wird zukünftig das angelieferte Material bis zur Weiterverarbeitung in einer ebenfalls in der Halle untergebrachten Biomüll-Aufbereitungsanlage gepuffert. Weiterhin befinden sich in dieser Halle zwei große Pufferspeicher für abgesiebtes Biogut, die mit einem vollautomatischen Kran bewirtschaftet werden. Dieser gibt das Material in einen Vorlagespeicher auf, der direkt in die Fermenter fördert.“
Für den großen Anlagenbau peilt man eine pünktliche Fertigstellung bis zum Herbst 2024 an.