Niemand wird alleine gelassen

Suizid: die zweithäufigste Todesursache

bei Georg Kost

Symbolfoto: infopress24.de

LEONBERG, 28.12.2022 (pm) – Wussten Sie, dass Suizid die zweithäufigste Todesursache bei jungen Menschen zwischen 15 und 29 Jahren ist? Oder, dass sich alleine in Deutschland jährlich 10.000 Menschen das Leben nehmen und rund 150.000 es versuchen? Oder dass jeder dritte Suizidant über 65 Jahre alt ist?
Wahrscheinlich nicht, denn die wenigsten möchten sich damit auseinandersetzen. Dabei wäre es so wichtig, das Thema aus der Tabuzone zu holen, um effektiver handeln zu können.

An einem Suizid haften viel zu häufig Vorurteile und Scham, da sind sich Monika Friedrich vom DRK Notfallnachsorgedienst und Karin Hirt vom Arbeitskreis Leben Leonberg einig. Das betrifft sowohl Menschen, die den Gedanken an einen Suizid nicht mehr loswerden als auch für die Angehörigen, die in den meisten Fällen nicht wissen, wie sie damit umgehen können, wenn es passiert ist. Das Ergebnis ist Schweigen. Zu groß ist die Sorge, andere könnten mit Spott, Ablehnung oder Unverständnis reagieren.

Dabei ist Stille in diesen Fällen genau der falsche Weg. Vielleicht hätten Gespräche einem Suizidanten geholfen? Vielleicht hätte man einen Weg aus der Lebenskrise finden können? Die Realität ist aber, dass Betroffene lieber nichts sagen, um niemandem zur Last zu fallen oder um nicht schwach zu wirken.

Diese Erfahrung musste Monika Friedrich leider selbst machen. Vor wenigen Monaten nahm sich ihre Schwiegertochter das Leben und der Familie wurde kurzfristig der Boden unter den Füßen weggezogen. Auch wenn nun der Ehemann und die Kinder zurückbleiben, für Monika Friedrich und die ganze Familie ist klar, dass man jemandem mit der Absicht sich selbst zu töten oder es getan hat, niemals Egoismus vorwerfen könne und dürfe. Jemand, der am Abgrund steht, sieht keinen Ausweg mehr. Depressionen gibt es in vielen Stufen. Was viele nicht wissen, ist wie extrem sie sich auswirken können und Menschen richtiggehend lähmen und zermürben. Und in dieser Situation ist es unglaublich wichtig, eine der vielen Hilfsstellen anrufen zu können, ohne sich noch schlechter zu fühlen, weil man sich Gedanken darum machen muss, was wohl die Mitmenschen darüber denken. “Depressionen sind wie eine Krebserkrankung der Seele“, bringt es Karin Hirt auf den Punkt. Beim Arbeitskreis Leben Leonberg, wo sie die Haupansprechpartnerin ist, ist jeder willkommen, der Rat sucht oder Hilfe braucht. Und es gibt noch viel mehr Adressen, die Hilfe in schweren Lebenslagen anbieten. Ganz urteilsfrei. Der Notfallnachsorgedienst, bei dem Monika Friedrich die Einsatzleitung für den Altkreis Leonberg übernommen hat, kommt dann zum Einsatz, wenn bereits etwas passiert ist. „Wir begleiten Menschen durch akute Notfallsituationen, als Erste Hilfe für die Seele.“

Übrigens: Wer sich vorstellen kann, im Notfallnachsorgedienst oder auch im Arbeitskreis Leben aktiv einzubringen, ist jederzeit herzlich willkommen. Und auch hier lautet das Motto „Niemand wird alleine gelassen“. Wer mitarbeiten möchte, bekommt durch Schulungen und Gespräche das nötige „Rüstzeug“ an die Hand.

Kontakte in Lebenskrisen

Arbeitskreis Leben in Baden-Württemberg:
www.ak-leben.de

Arbeitskreis Leben Leonberg:
0163 2578576, akl-leonberg@ak-leben.de

Telefonseelsorge:
0800 1110111

Infotelefon Depression:
0800 3344533, www.deutsche-depressionshilfe.de

Youth Life Line (Jugendliche helfen Jugendlichen):
www.youth-life-line.de

Youth Life Line Tübingen:
07071 254281, info@youth-life-line.de

Psychologische Beratungsstellen (beim LRA angesiedelt):
07031 6634120

AGUS:
www.agus-selbsthilfe.de, 0921 1500380, kontakt@agus-selbsthilfe.de (Begleitung für Angehörige nach Suizid)

OSKAR (Sorgentelefon Bundesverband Kinderhospiz):
www.oskar-sorgentelefon.de, 0800 88884711

Hospiz Leonberg:
www.hospiz-leonberg.de, 07152 3355204

Notfallnachsorgedienst:
07031 6904-800, nnd@drkbb.orgwww.drkbb.org