
Die kommunalen Kassen sind leer. Egal ob vor oder nach der Fasnet. Foto: infopress24.de
ENZKREIS/PFORZHEIM, 27.02.2025 – Die allerorten anstehenden Rathausstürmungen gelten als ein wichtiger Bestandteil der närrischen Tage zwischen „Schmotzigen Donnerstag“ und Aschermittwoch. Mit Pauken, Trompeten und Bonbons stürmen sie die Rathäuser, und die symbolische Schlüsselübergabe besiegelt das, was ohnehin klar ist: Die gewohnte Ordnung wird auf den Kopf gestellt, die Obrigkeit humorvoll ins Visier genommen, und für einige Tage regieren jene, die sonst eher auf der anderen Seite der Verwaltungsstuben stehen – oder vor deren Türen auf Genehmigungen warten.
Zumeist mit spitzer Zunge prangern die Narren Missstände an, werfen den Stadt- und Gemeindeoberen Verschwendungssucht, schlechte Entscheidungen und – wie könnte es anders sein – leere Kassen vor. Jahr für Jahr dasselbe Ritual. Und doch bleibt nach dem letzten Konfettiregen und dem Verstauen der Kostüme alles beim Alten.
So lautstark die Kritik auch sein mag, sie bleibt in den bunten Grenzen der Narretei gefangen. Und spätestens am Aschermittwoch ist nicht nur alles vorbei, sondern auch wieder genauso wie zuvor.
Schon in den 1950ern stellte Jupp Schmitz in seinem Karnevalslied die Frage: „Wer soll das bezahlen?“ – damals eine Anspielung auf die Währungsreform und die steigenden Preise. Heute, rund 75 Jahre später, könnte der Schlager ohne jede Modernisierung erneut aufgelegt werden. Kommunale Kassen sind leer, Schuldenberge wachsen, und statt kreativer Lösungen regiert oft das Prinzip Hoffnung.
Vielleicht sollte man den nächsten Rathaussturm nicht nur als närrisches Spektakel, sondern als ernst gemeinte Form der Bürgerbeteiligung betrachten – mit konkreten Verbesserungsvorschlägen, die über den Aschermittwoch hinaus Bestand haben.
Eine Figur, die in diesem Kontext bestens passen würde, ist der legendäre Till Eulenspiegel. Einst ein Meister der spitzzüngigen Kritik, scheint er heute in den Prunksitzungen und Narrenumzügen kaum noch eine Rolle zu spielen. Dabei wäre sein scharfzüngiger Humor wichtiger denn je. Doch statt ihn mit Narrenkappen durch die Straßen ziehen zu lassen, scheint er in der Mottenkiste der Geschichte gelandet zu sein. Vielleicht, weil seine Wahrheiten zu unbequem geworden sind?
Und während sich die letzten Narren mit Bonbons, Bier, Büttenreden bei Partys verabschieden, bleibt die Frage: Was, wenn eines Tages nicht nur Till Eulenspiegel verstummt, sondern auch die kritischen Stimmen der Narren selbst? Tina York sang einst: „Wir lassen uns das Singen nicht verbieten.“ Hoffentlich behält sie recht. Sonst bleibt am Ende nur noch Stille – und eine noch größere Rechnung, die niemand bezahlen will oder kann. Ernüchterung könnte ja schon der Aschermittwoch bringen, dann nämlich, wenn die Narren ihre leeren Geldbeutel auswaschen. Georg Kost