Klima und Wald

Wälder schützen das Klima – aber wie?

bei Georg Kost

Symbolfoto: infopress24.de

ENZKREIS, 20.06.2023 (enz) – Wälder spenden Schatten und sind mit ihrem kühl-feuchten Innenklima ein beliebter Rückzugsort an heißen Sommertagen. Sie sind unsere grünen Lungen, denn sie liefern Sauerstoff, den wir zum Atmen brauchen. Umgekehrt speichern sie Kohlendioxid (CO2) und vermeiden klimaschädliche Emissionen. Deshalb wird oft diskutiert, ob die Nutzung von Holz aus heimischen Wäldern gut oder schlecht für die Klimaschutzwirkung ist.

„Den größten Klima-Effekt hat der Wald in Deutschland als Speicher, weil durch die Photosynthese CO2 aus der Luft gebunden und in den Stämmen der Bäume eingelagert wird“, erklärt Dr. Axel Albrecht, stellvertretender Leiter des Forstamts: „Jedes Jahr werden in Deutschland so etwa 60 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gebunden. Das sind etwa 2/3 der Klimaschutzleistung von Wäldern.“

Ein weiteres Drittel macht die Substitution aus, so Axel Albrecht. Dazu gehören die Verwendung von Holz statt fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Erdgas oder Kohle (energetische Substitution) sowie die stoffliche Substitution: „Hier kommt Holz an Stelle von Aluminium, Stahl, Glas oder Beton zum Einsatz – Baustoffe mit einem schlechten CO2-Fußabdruck.“

Rund zwei Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, einen insgesamt eher geringen Anteil, spart die Verwendung von Holz zum Beispiel in Form von Möbeln, Papier und anderen Gebrauchsgegenständen. Das ist der sogenannte Produktspeicher. „Während des Nutzungszeitraums bleibt das CO2 im Produkt gebunden und wird erst nach Recycling und Verrottung oder Verbrennung später wieder freigesetzt“, sagt der Forst-Fachmann und betont: „Die genauen Mengen für die drei Bereiche schwanken von Jahr zu Jahr, weil sie vom Wachstum der Bäume und den Eigenschaften der Wälder abhängig sind, aber auch von der jeweiligen Holzeinschlagsmenge.“

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Holznutzung in heimischen Wäldern: Gut oder schlecht für die Klimaschutzwirkung?
„Auch in der wissenschaftlichen Fachwelt scheiden sich noch die Geister, ob es für den Klimaschutz besser ist, Wälder nahe am nachhaltigen Potential zu nutzen oder die Nutzungsmenge eher zu reduzieren“, sagt Axel Albrecht und entwickelt verschiedene Szenarien: „Nutzt man weniger oder kein Holz mehr, steigt die Waldspeicherleistung und es sinkt die Substitutionsleistung.“ Allerdings gebe es Grenzen des Wachstums – sowohl was die Waldfläche angeht als auch die Menge an Bäumen. „Hinzu kommt, dass sich der Effekt auch umkehren kann: Dann, wenn viele alte Bäume absterben und verrotten, sodass der Wald mehr CO2 ausstößt, als er bindet.“ Typische Ursachen seien Dürre, Sturm und Borkenkäfer-Vermehrungen – Gefahren, die im Klimawandel deutlich zunehmen. Urwälder, merkt Albrecht an, seien langfristig und großräumig betrachtet CO2-neutral: Was sie während des Wachstums binden, geben sie später durch Holzzersetzung wieder in die Atmosphäre ab.

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Nutzt man hingegen weiterhin Holz aus Wäldern, erhöht sich der Waldspeicher nicht. Dafür wachsen der Produktspeicher und die Substitutionsleistung an. Auch für das zweite Szenario gibt es Grenzen, denn die Nutzung von Holz aus heimischen Wäldern unterliegt der Nachhaltigkeit: „Die Holznutzung darf nicht höher sein als die Menge, die nachwächst“, sagt Axel Albrecht.

Deutschland sei beim Baumbestand auf einem guten Weg, wie die Zahlen der alle zehn Jahre durchgeführten Bundeswaldinventur zeigten: Zwischen 2002 und 2012 wuchs mehr Holz nach, als genutzt wurde. „Auch diese Zahlen schwanken naturgemäß – Dürrejahre wie zuletzt oder Stürme wie Lothar und Kyrill haben zu überdurchschnittlichem Holzeinschlag geführt, dafür wurde in anderen Jahren deutlich unter dem Zuwachs genutzt. „Es gibt ziemlich viel Holz in Deutschland, das genutzt werden kann, aber man kann die nachhaltig verfügbare Menge nicht beliebig steigern“, so das Fazit des Forst-Experten.

„Ausschlaggebend wird es sein, die Waldfläche zu erhalten oder sogar zu vermehren. Für die CO2-Bilanz ist es die größte Klimakatastrophe, einen Hektar Wald abzuholzen und die Fläche anders zu nutzen, ohne für Ersatz zu sorgen.“ Neue Baugebiete oder größere Verkehrsprojekte hätten in Deutschland zwar zu solchen Waldumwandlungen geführt, dennoch sei der Waldflächenanteil seit dem zweiten Weltkrieg kontinuierlich angestiegen. „Das sind zwar gute Neuigkeiten bezogen auf Klimaschutz bei uns – bezogen auf die gesamte Erde verlieren wir aber in viel zu rasanter Geschwindigkeit umfangreiche Wälder. Und das sind sehr schlechte Neuigkeiten für den Klimaschutz.“