PFORZHEIM/NIEFERN, 13.04.2024 (pm) – Unter dem Motto 40 Jahre Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche, 20 Jahre Pforzheimer Abkommen und zehn Jahre Liane Papaioannou lud die IG Metall Pforzheim zur Fachkonferenz ein. Nach den eröffnungsworten des kommissarischen 1. Bevollmächtigten Martin Kunzmann hielt die neue Bezirksleiterin Barbara Resch unter der Überschrift „Tarifpolitik zwischen Tradition und Innovation, von der 35-Stunden-Woche und dem Pforzheimer Abkommen zur Gestaltung der Transformation“ einen Rückblick über die Tariferfolge der vergangenen Jahre und gab einen Ausblick über die bevorstehenden Herausforderungen, dabei dürfen die Themen Digitalisierung und die damit verbundenen Qualifizierungen nicht fehlen.
Schwerpunkt war der 1984 durchgeführte Arbeitskampf um die 35-Stunden Woche – bei vollem Lohnausgleich. „Das Ziel war es, die Arbeitsplätze zu sichern und neue Stellen für die 2,5 Millionen Erwerbslosen zu schaffen“, so Resch. Weiter berichtete Resch darüber, dass die sogenannte „kalte Aussperrung“ damals juristisch noch umstritten war und gut eine halbe Million Menschen beinahe ohne Geld dastanden. „Erst nach dem die Gerichte den „Franke-Erlass“ für rechtswidrig erklärte, zahlte das Arbeitsamt Kurzarbeitergeld“, so Resch weiter.
„Der Einstieg ist geschafft, bis 1995 sinkt die Arbeitszeit schrittweise auf die 35 Stunden“ erläutert die Bezirksleiterin. „Für bundesweite Beachtung sorgte das im Rahmen der Tarifrunde 2004 ausgehandelte sogenannte «Pforzheimer Abkommen»,“ führte Resch ihren Bericht weiter aus. „Das Pforzheimer Abkommen eröffnete Unternehmen in besonderen Fällen die Möglichkeit, unter bestimmten, genau definierten Umständen, befristet von den Regelungen des Flächentarifvertrags mittels eines betrieblichen Ergänzungstarifvertrags abzuweichen.“ Dabei betont sie deutlich „Die Voraussetzung dafür ist, dass die Unternehmen Betriebsräte und Gewerkschaft umfassend über die wirtschaftliche Situation und gegebenfalls geplante Restrukturierungsmaßnahmen zu informieren sind.“
In der Tarifrunde 2021 wurden weitere Handlungsmöglichkeiten im «Kornwestheimer Abkommen» aufgesetzt und im Tarifvertrag Beschäftigungssicherung als Möglichkeit für Zukunftstarifverträge mit aufgenommen.
„Nur gemeinsam können wir eine gerechte, sichere und zukunftsfähige Arbeitswelt schaffen“ betont Resch im Hinblick auf die bevorstehende Tarifrunde. Klar ist für Resch, dass die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten im Mittelpunkt stehen müssen. Die Tarifkommissionen werden im Juni die Forderung beschließen und dabei sollen unter anderem die Themen wie Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütung sowie die Frage nach der Selbstbestimmung der Arbeitszeit eine Rolle spielen. „Ich weiß, dass die bevorstehenden Verhandlungen hart werden können. Aber ich weiß auch, dass wir als IG Metall Baden-Württemberg stark sind“, so Resch.
Abschließend richtete Barbara Resch noch ein paar dankende Worte an Liane Papaioannou, die ehemalige 1. Bevollmächtigte der IG Metall Pforzheim. Die Laudatio für Liane Papaioannou wurde vom 2. Bevollmächtigten Martin Kolb gehalten. Martin Kolb begann mit einem kurzen Rückblick auf Papaioannou`s beruflichen Werdegang . Nachdem sie 2017 die Nachfolge Martin Kunzmanns als 1. Bevollmächtigte antritt, setzte Liane Papaioannou ihre eigenen Fußstapfen. Kolb betonte, dass Papaioannou durch das Amt der 1. Bevollmächtigten in Pforzheim ein Stück Geschichte geschrieben hat, denn Liane Papaioannou war die erste Frau an der Spitze der IG Metall Pforzheim.
Weiter schilderte Kolb beispielhaft Situationen und Herausforderungen, mit welcher Papaioannou sich in dieser Zeit auseinandersetzen musste.
Auch auf die sehr fordernden Zeiten der Pandemie ging er ein und betonte dabei „Du hast die Geschäftsstelle durch diese Krise so geführt, dass alles, was möglich war, auch gemacht wurde“, so Kolb „Wir waren froh, dich in diesen rauen Zeiten an unserer Seite zu haben. Immer zur Stelle mit einer klaren Positionierung für die Themen, die dir wichtig sind. Gleichberechtigung der Frauen, für Frieden, gegen Rechtsextremismus und Rassismus, für die Tarifbindung, für mehr Mitbestimmung und die konsequente Vertretung der Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bereich der IG Metall“.
Eine kurze Videobotschaft sendete Katja Mast, SPD Bundestagsabgeordnete, in der Sie sich persönlich von Liane Papaioannou verabschiedete. Ihr Dank galt vor allem der Förderung von Frauen und dem großen Engagement Lianes, im Kampf gegen Rechtsextremismus. Ebenfalls betonte Katja Mast den unermüdlichen Einsatz von Papaioannou im Transformationsnetzwerk Nord-Schwarzwald, in dem sie aktiv den Strukturwandel kontinuierlich vorantrieb.
Nachdem Martin Kunzmann und Martin Kolb gemeinsam Liane Papaioannou ein kleines Abschiedspräsent überreicht haben, wand sich Liane Papaioannou mit einigen persönlichen Abschiedsworten an die Anwesenden. „In Pforzheim gibt es viele tolle Menschen, mit denen ich gerne zusammengearbeitet habe. Die Vielfalt der Branchen ist im Enzkreis besonders, vor allem das KFZ Handwerk und die Edelmetallindustrie“, so Papaioannou.
Wichtig war Papaioannou immer, dass Demokratie gelebt wird, denn diese endet nicht am Werkstor. „Mitbestimmung muss in den Betrieben gelebt werden, neue Betriebsratsgremien müssen gegründet werden und unsere Tarifverträge kontinuierlich weiter ausgebaut“.
Liane Papaioannou blickt auf Herausfordernde Zeiten zurück, in denen auch sie sich mit der Situation rund um Covid19 auseinandersetzen musste. „Viel Wert haben wir darauf gelegt, dass die Geschäftsstelle trotz Einschränkungen Service- und Anlaufpunkt für unsere Mitglieder blieb. Wir haben im Handumdrehen neue Formate der Zusammenarbeit gelernt, um den Kontakt in die Betriebe halten zu können. Auch wenn einiges auf der Strecke blieb, kann man in der Tat die stabile Mitgliederentwicklung in der Zeit als großen Erfolg werten.“ so Papaioannou. Sie bedankte sich bei allen für die gute und konstruktive Zusammenarbeit und ist zuversichtlich, dass man sich auch weiterhin zu verschiedenen Anlässen und Veranstaltungen wieder trifft.