Deutlicher Anstieg der Diebstahlsdelikte

96 400 Verurteilungen im Jahr 2023 in Baden-Württemberg

bei Georg Kost

Symbolfoto Quelle: www.polizei-beratung.de

BADEN-WÜRTTEMBERG, 09.09.2024 (pm) – Im Jahr 2023 wurden in Baden-Württemberg 96 400 Personen gerichtlich verurteilt. Das waren 350 Verurteilungen oder 0,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dies sagte die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Dr. Anke Rigbers, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Justizministerin Marion Gentges zur Präsentation der aktuellen Ergebnisse der Strafverfolgungsstatistik.

Unter den im Jahr 2023 rechtskräftig verurteilten Personen in Baden-Württemberg waren 2 900 Jugendliche, 5 900 Heranwachsende und 87 600 Erwachsene. Bei den Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren gab es gegenüber dem Vorjahr wieder einen Zuwachs an Verurteilungen, und zwar um 3,3 Prozent oder 90 Personen. Mehr Verurteilungen gab es auch bei den Erwachsenen im Alter von mindestens 21 Jahren. Hier erhöhte sich die Zahl der Verurteilungen um 0,7 Prozent bzw. 620 Personen. Demgegenüber war in der Gruppe der Heranwachsenden im Alter von 18 bis unter 21 Jahren gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 5,7 Prozent bzw. 360 Schuldsprüchen zu beobachten.

Verurteiltenhäufigkeit gegenüber dem Vorjahr gesunken
Entscheidend für die Beurteilung der Kriminalitätsbelastung sind neben dem Anzeigeverhalten, dem Erfolg der Ermittlungsbehörden und Projekten der Kriminalprävention sowie durch mögliche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und/oder der Sanktionierungspraxis der Gerichte nicht zuletzt auch die soziale Stellung, die demografische Struktur und insbesondere die Entwicklung der Bevölkerung. So erhöhte sich in Baden-Württemberg die Zahl der Einwohner im strafmündigen Alter ab 14 Jahren im Jahresverlauf 2022 um 113 200 Personen und im Zeitraum von Januar bis Dezember 2023 nochmals um 50 200. Um den Einfluss der demografischen Entwicklungen auf die Verurteiltenzahlen auszuschließen, wird eine demografiebereinigte Verurteiltenhäufigkeit (Verurteiltenziffer) berechnet, bei der die Zahl der Verurteilten auf 100 000 Personen der jeweiligen Bevölkerungsgruppe bezogen wird. Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren bleiben unberücksichtigt, da diese nicht strafmündig sind. Nach den Ergebnissen der Strafverfolgungsstatistik errechnete sich für das Jahr 2023 eine Verurteiltenhäufigkeit von 988, gegenüber dem Vorjahr war dies ein leichter Rückgang um 0,8 Prozent (996).

Betrachtet man die Entwicklung in den Altersgruppen, so war bei den Heranwachsenden der prozentuale Rückgang der Verurteiltenziffer mit 7,3 Prozent am stärksten. Bei den Erwachsenen verringerte sich die Ziffer ebenfalls, und zwar um 0,4 Prozent. Dagegen war bei den Jugendlichen ein leichter Anstieg um 0,8 Prozent zu beobachten.

In der Altersgruppe der Heranwachsenden war die Verurteiltenhäufigkeit mit 1 706 nach wie vor mit Abstand am höchsten, und zwar rund 2,5 mal so hoch wie bei den Jugendlichen (667) und gut 1,5 mal so hoch wie bei den Erwachsenen (976).

Zahl der verurteilten Frauen gestiegen
Von den 96 400 rechtskräftig verurteilten Personen waren im Jahr 2023 insgesamt 78 700 Männer und 17 700 Frauen. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich bei den Männern die Zahl der Schuldsprüche um 80 Fälle oder 0,1 Prozent. Bei den Frauen war ein Zuwachs der Verurteilungen um 280 Fälle bzw. 1,6 Prozent zu beobachten. Gegenüber dem Vorjahr stieg unter den Verurteilten der Anteil der Frauen um 0,2 Prozentpunkte auf nunmehr 18,3 Prozent. Nach wie vor waren damit Frauen in weitaus geringerem Umfang an der gerichtlich registrierten Kriminalität beteiligt als Männer. Die Verurteiltenhäufigkeit betrug im Jahr 2023 bei den Frauen 358 Verurteilte je 100 000 Einwohnerinnen im strafmündigen Alter, bei den Männern lag der Wert bei 1 636, also rund 4,5 mal so hoch.

Verurteiltenzahl bei den Deutschen zurückgegangen, bei den Nichtdeutschen dagegen gestiegen
Im Jahr 2023 entfielen 52 100 Verurteilungen auf Personen mit deutscher Nationalität und 44 300 auf Nichtdeutsche. Während im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Verurteilten bei den Deutschen um 4,1 Prozent oder 2 300 Verfahren zurückging, nahm die Zahl der Schuldsprüche gegen Personen, die keinen deutschen Pass besaßen, um 6,3 Prozent oder 2 600 Fälle zu. Gemessen an allen Verurteilten erhöhte sich der Anteil der nichtdeutschen Verurteilten von 43,4 Prozent im Jahr 2022 auf nunmehr 45,9 Prozent im aktuellen Berichtsjahr.

Bei den Deutschen ging die Zahl der Verurteilungen in allen Altersgruppen zurück. Den höchsten prozentualen Rückgang mit 12,7 Prozent (−560 Fälle) gab es bei den Heranwachsenden. Bei den Erwachsenen war ein Minus um 3,5 Prozent (−1 700 Fälle) und bei den Jugendlichen um −0,6 Prozent (−10 Fälle) zu beobachten. Bei den Nichtdeutschen gab es dagegen in allen drei Altersgruppen einen Zuwachs an Schuldsprüchen. Das höchste prozentuale Plus an Verurteilungen war bei den nichtdeutschen Jugendlichen mit 14,2 Prozent (+100 Fälle) zu beobachten. Bei den Heranwachsenden stieg die Zahl der Verurteilungen um 10,7 Prozent ( +200 Fälle) und bei den Erwachsenen, die keinen deutschen Pass besaßen, erhöhte sich die Verurteiltenzahl um 5,9 Prozent (+2 300 Fälle).

Die Entwicklung der Verurteilungen von Deutschen und Nichtdeutschen stand im Jahr 2023 unter dem besonderen Einfluss der Bevölkerungsentwicklung im Land. So war Ende des Jahres 2022 die nichtdeutsche strafmündige Bevölkerung in Baden-Württemberg um 146 700 Personen höher als ein Jahr zuvor. Parallel dazu verringerte sich im gleichen Zeitraum die deutsche Bevölkerung im Alter von mindestens 14 Jahren – also die Personen im strafmündigen Alter – um 33 600.

Anstieg der Diebstahlsdelikte um gut ein Drittel
Mit insgesamt 24 900 Verurteilungen, dies entspricht gut jedem vierten Urteil im Jahr 2023 (25,8 Prozent), waren Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten zahlenmäßig am stärksten vertreten. Unter den Straftatengruppen folgten gemessen an der Gesamtzahl der Verurteilungen an zweiter Stelle die Diebstahlsdelikte (16 300 Fälle bzw. 16,9 Prozent) und danach Schuldsprüche wegen Betrugs und Untreue (12 600 Fälle bzw. 13,0 Prozent). 7 700 Verurteilungen, das waren 8,0 Prozent aller rechtskräftigen Urteile, wurden wegen Drogendelikten ausgesprochen und auf die wegen der besonderen Schwere der Straftaten bedeutende Gruppe der Gewaltdelikte entfielen 3 400 Verurteilungen (3,6 Prozent).

Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich im Jahr 2023 die Zahl der Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten um 4 200 Fälle und damit um gut ein Drittel (34,7 Prozent). Ursächlich für diesen besonderen Anstieg war hauptsächlich die höhere Zahl der Verurteilungen wegen einfacher Diebstähle (+3 400 Fälle). Auch bei den Verurteilungen wegen Gewaltdelikten stieg 2023 die Zahl der Schuldsprüche, und zwar um 370 Fälle oder 12,2 Prozent. Verantwortlich hierfür war vor allem die höhere Zahl der Schuldsprüche wegen gefährlicher Körperverletzung (+210 Fälle bzw. 9,3 Prozent). Innerhalb der Gewaltdelikte stellen diese seit Jahren die größte Untergruppe dar. Im Berichtsjahr gab es 2 500 Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung, was einem Anteil an den Gewaltdelikten von 71,5 Prozent entspricht.
Einen Rückgang an Verurteilungen gab es 2023 gegenüber dem Vorjahr in der Straftatengruppe »Betrug und Untreue« (−2 100 Fälle bzw. −14,1 Prozent), bei den Drogendelikten (−990 Fälle bzw. −11,3 Prozent) und bei den Schuldsprüchen wegen Straßenverkehrsdelikten (−160 Fälle bzw. −0,6 Prozent).

44 Prozent der Verurteilten sind Wiederholungstäter
Von insgesamt 96 400 rechtskräftig verurteilten Personen im Jahr 2023 lag für 90 000 eine Angabe über frühere Strafen vor. Danach hatten 39 400 Verurteilte oder 43,8 Prozent schon eine oder mehrere Vorverurteilungen und waren somit bereits vorbestraft.
Unter den 4 500 Jugendlichen und Heranwachsenden im Alter zwischen 14 bis unter 21 Jahren, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden und von denen Angaben über frühere Strafen vorlagen, waren 1 700 Wiederholungstäter (38,0 Prozent). Davon waren 820 Personen mit einer Vorverurteilung (47,5 Prozent), weitere 400 mit zwei Vorstrafen (23,0 Prozent) und 510 Jugendliche und Heranwachsende mit drei und mehr Vorstrafen (29,5 Prozent).

Von den insgesamt 85 500 nach allgemeinem Strafrecht verurteilten Heranwachsenden und Erwachsenen mit Angaben zu Vorverurteilungen hatten 37 700 oder 44,1 Prozent mindestens eine Vorstrafe. Davon waren 10 600 Männer und Frauen genau einmal vorbestraft (28,0 Prozent). In 5 300 Fällen waren es zwei Vorverurteilungen (14,1 Prozent). 12 900 Heranwachsende und Erwachsene hatten drei bis acht Vorstrafen (34,2 Prozent) und bei 9 000 Personen (23,7 Prozent) waren es neun und mehr Vorverurteilungen.

2023 lauteten über 80 Prozent der Urteile auf Geldstrafe
Nach den Ergebnissen der Strafverfolgungsstatistik mussten sich im Jahr 2023 insgesamt 113 200 Personen vor einem Strafgericht verantworten. Für 16 800 oder 14,8 Prozent von ihnen endete das Verfahren nicht mit einer Verurteilung, sondern mit einer Einstellung (14 300 Fälle) oder aber mit einem Freispruch (2 300 Fälle). Die Verurteiltenquote, also der Anteil der Verurteilten an der Gesamtzahl aller von den Gerichten abgeurteilten Personen, betrug 85,2 Prozent.

Bei den insgesamt 96 400 Männern und Frauen, gegen die im Jahr 2023 ein rechtkräftiges Urteil erging, wurde in 79 500 Fällen oder 82,5 Prozent eine Geldstrafe verhängt. 12 500 Personen oder 13,0 Prozent wurden zu einem Freiheitsentzug in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt. Davon setzten die Gerichte 8 800 zur Bewährung aus, sodass letztlich 3 700 Verurteilte, das entspricht 3,9 Prozent aller Verurteilten, nach dem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe antreten mussten. Bei den übrigen 4 400 Verurteilten (4,5 Prozent) wurden vor allem Verwarnungen oder Jugendarrest (Zuchtmittel) sowie Erziehungsmaßregeln wie die Erbringung von Arbeitsleistungen oder die Unterbringung in einem Heim angeordnet. Nicht berücksichtigt in der Strafverfolgungsstatistik sind Fälle, in denen es nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens gar nicht erst zu einer Anklage kam, sowie eine nicht quantifizierbare Dunkelziffer nicht bekannt gewordener oder nicht aufgeklärter Straftaten.