Strafverfolgungsstatistik veröffentlicht

Im Jahr 2022 wurden in Baden-Württemberg rund 96 100 Personen gerichtlich verurteilt

bei Georg Kost

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BADEN-WÜRTTEMBERG, 18.10.2023 (pm) – Im Jahr 2022 wurden in Baden-Württemberg rund 96 100 Personen gerichtlich verurteilt. Das waren 280 Verurteilungen oder 0,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor; in den beiden Vorjahren war die Zahl der Schuldsprüche dagegen deutlich zurückgegangen. Dies sagte die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Frau Dr. Anke Rigbers, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Justizministerin Marion Gentges bei der Präsentation der aktuellen Ergebnisse der Strafverfolgungsstatistik.

In den Altersgruppen war eine unterschiedliche Entwicklung zu beobachten. Bei den Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren gab es gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang an Verurteilungen um 9,4 Prozent oder 290 Personen. Auch in der Gruppe der Heranwachsenden im Alter von 18 bis unter 21 Jahren gab es mit einem Minus von 8,8 Prozent bzw. 610 Personen weniger Schuldsprüche als ein Jahr zuvor. Demgegenüber war bei den Erwachsenen der Altersgruppe 21 Jahre und älter ein Zuwachs an Verurteilungen um 1,4 Prozent bzw. 1 200 Personen zu beobachten. Insgesamt wurden im Jahr 2022 in Baden-Württemberg 2 800 Jugendliche, 6 300 Heranwachsende und 87 000 Erwachsene rechtskräftig verurteilt.

Verurteiltenhäufigkeit gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen
Entscheidend für die Beurteilung der Kriminalitätsbelastung ist neben dem Anzeigeverhalten, dem Erfolg der Ermittlungsbehörden und Projekten der Kriminalprävention sowie durch mögliche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und/oder der Sanktionierungspraxis der Gerichte nicht zuletzt auch die demografische Struktur und vor allem die Entwicklung der Bevölkerung. Um den Einfluss der demografischen Entwicklungen auf die Verurteiltenzahlen auszuschließen, wird eine demografiebereinigte Verurteiltenhäufigkeit (Verurteiltenziffer) berechnet, bei der die Zahl der Verurteilten auf 100 000 Personen der jeweiligen Bevölkerungsgruppe bezogen wird. Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren bleiben unberücksichtigt, da diese nicht strafmündig sind.
Nach den Ergebnissen der Strafverfolgungsstatistik 2022 ist die Verurteiltenhäufigkeit, nachdem sie zwei Jahre in Folge zurückgegangen war, im Berichtsjahr auf 996 Verurteilte je 100 000 strafmündige Einwohner wieder leicht angestiegen (0,2 Prozent).
In den Altersgruppen verlief die Entwicklung der Verurteiltenhäufigkeit ähnlich wie die Veränderung der Verurteiltenzahl. In der Altersgruppe der Jugendlichen war prozentual der Rückgang der Verurteiltenziffer mit 9,2 Prozent auf 662 am stärksten. Bei den Heranwachsenden verringerte sich die Ziffer um 6,6 Prozent auf 1 841. Bei den Erwachsenen war dagegen ein Anstieg um 1,2 Prozent auf 980 zu beobachten.
In der Altersgruppe der Heranwachsenden war die Verurteiltenziffer nach wie vor mit Abstand am höchsten, und zwar annähernd dreimal so hoch wie bei den Jugendlichen und mehr als doppelt so hoch wie bei den Erwachsenen.

Zahl der verurteilten Frauen gestiegen
Von den 96 100 rechtskräftig verurteilten Personen waren im Jahr 2022 insgesamt 78 700 Männer und 17 400 Frauen. Während gegenüber dem Vorjahr bei den Männern ein Rückgang der Schuldsprüche um 670 Fälle bzw. 0,8 Prozent zu verzeichnen war, nahm die Zahl der verurteilten Frauen um 940 bzw. 5,7 Prozent zu. Gegenüber dem Vorjahr stieg unter den Verurteilten der Anteil der Frauen um 0,9 Prozentpunkte auf nunmehr 18,1 Prozent. Nach wie vor waren damit Frauen in weitaus geringerem Umfang an der gerichtlich registrierten Kriminalität beteiligt als Männer. Die Verurteiltenhäufigkeit betrug im Jahr 2022 bei den Frauen 357 Verurteilte je 100 000 Einwohnerinnen im strafmündigen Alter, bei den Männern lag der Wert bei 1 651, also annähernd fünfmal so hoch.

Verurteiltenzahl bei den Deutschen zurückgegangen, bei den Nichtdeutschen dagegen gestiegen
Im Jahr 2022 entfielen 54 400 Verurteilungen auf Personen mit deutscher Nationalität und 41 700 auf Nichtdeutsche. Während im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Verurteilten bei den Deutschen um 0,8 Prozent oder 460 Verfahren zurückging, nahm die Zahl der Schuldsprüche gegen Personen, die keinen deutschen Pass besaßen um 1,8 Prozent oder 740 Fälle zu. Gemessen an allen Verurteilten erhöhte sich der Anteil der nichtdeutschen Verurteilten von 42,7 Prozent im Jahr 2021 auf nunmehr 43,4 Prozent.

In den einzelnen Altersgruppen war bei den Deutschen der Rückgang bei den Jugendlichen mit 13,7 Prozent prozentual am höchsten. Bei den Heranwachsenden betrug der Rückgang 5,8 Prozent, während bei den Erwachsenen ein leichter Anstieg um 0,3 Prozent zu beobachten war. Bei den Nichtdeutschen war einzig in der Altersgruppe der Heranwachsenden ein Rückgang der Verurteiltenzahl um 15,2 Prozent festzustellen. Bei den Erwachsenen erhöhte sich die Verurteiltenzahl um 2,7 Prozent und auch bei den Jugendlichen ohne deutschen Pass nahm die Zahl der Verurteilungen erstmals seit 2010 wieder um +5,7 Prozent zu.

Gut jeder vierte Schuldspruch wegen Straßenverkehrsdelikten
Die Verurteilungen konzentrieren sich seit Jahren im Wesentlichen auf fünf ausgewählte Straftatengruppen. Mit insgesamt 25 100 Verurteilungen, dies entspricht mehr als jedem vierten Urteil im Jahr 2022 (26,1 Prozent), waren Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten zahlenmäßig am stärksten vertreten.
An zweiter Stelle folgten Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue (§§ 263 bis 266b StGB) (14 600 Fälle bzw. 15,2 Prozent). 12 100 Schuldsprüche (12,6 Prozent) ergingen wegen Diebstahldelikten und weitere 8 700 (9,1 Prozent) wegen Drogendelikten. Auf die unter den fünf Straftatengruppen kleinste, aber wegen der besonderen Schwere der Straftaten bedeutende Gruppe der Gewaltdelikte entfielen 3 100 Verurteilungen (3,2 Prozent).

Im Vergleich zum Vorjahr ging im Jahr 2022 die Zahl der Verurteilungen in den Straftatengruppen Betrug und Untreue, Drogen- und Gewaltdelikte zurück. Mit einem Minus von 1 700 Schuldsprüchen (−10,6 Prozent) war der Rückgang bei den Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue zahlenmäßig am stärksten, knapp gefolgt von den Verurteilungen wegen Drogendelikten (−1 600 Verfahren bzw. −15,7 Prozent). Auch bei den Schuldsprüchen wegen Gewaltdelikten gab es im Berichtsjahr 2022 rund 220 Fälle weniger, was einem Minus von 6,7 Prozent entspricht.

Demgegenüber stieg die Zahl der Verurteilungen wegen Straßenverkehrsdelikten und Diebstahls. Bei den Straßenverkehrsdelikten erhöhte sich die Zahl der Schuldsprüche um fast 2 000 Fälle (+8,6 Prozent), so dass in etwa wieder das Niveau der Verurteilungen aus dem Berichtsjahr 2020 erreicht wurde. Die Zahl der Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten nahm 2022 gegenüber dem Vorjahr um gut 1 000 Schuldsprüche (+9,3 Prozent) zu. Trotz dieses Zuwachses waren dies immer noch deutlich weniger Schuldsprüche als im Jahr 2016, als ein Höchststand von 18 400 Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten registriert wurde.

44 Prozent der Verurteilten sind Wiederholungstäter
Von insgesamt 96 100 rechtskräftig verurteilten Personen im Jahr 2022 lag für 91 500 eine Angabe über frühere Strafen vor. Danach hatten 40 600 Verurteilte oder 44,4 Prozent schon eine oder mehrere Vorverurteilungen und waren somit bereits vorbestraft.
Unter den Jugendlichen und Heranwachsenden im Alter zwischen 14 bis unter 21 Jahren, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, waren 2 000 Wiederholungstäter (39,7 Prozent). Davon waren 910 Personen mit einer Vorverurteilung (46 Prozent), weitere 480 mit 2 Vorstrafen (24,5 Prozent) und 580 Jugendliche und Heranwachsende mit 3 und mehr Vorstrafen (29,5 Prozent).
Von den nach allgemeinem Strafrecht verurteilten Heranwachsenden und Erwachsenen hatten 38 600 oder 44,6 Prozent mindestens eine Vorstrafe. 10 400 Männer und Frauen waren einmal vorbestraft (26,9 Prozent). In 5 400 Fällen waren es zwei Vorverurteilungen (14 Prozent). 13 500 Heranwachsende und Erwachsene hatten drei bis acht Vorstrafen (34,9 Prozent) und bei 9 300 Personen (24,2 Prozent) waren es neun und mehr Vorverurteilungen.

Geldstrafe mit Abstand am häufigsten verhängt
Nach den Ergebnissen der Strafverfolgungsstatistik mussten sich im Jahr 2022 insgesamt 112 400 Personen vor einem Strafgericht verantworten. Für 16 300 oder 14,5 Prozent von ihnen endete das Verfahren nicht mit einer Verurteilung, sondern mit einer Einstellung (13 900 Fälle) oder aber mit einem Freispruch (2 200 Fälle /Bei weiteren rund 150 Fällen handelt es sich um die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung oder das Absehen von Strafe). Die Verurteiltenquote, also der Anteil der Verurteilten an der Gesamtzahl aller von den Gerichten abgeurteilten Personen, betrug 85,5 Prozent.
Bei den insgesamt 96 100 Männern und Frauen, gegen die im Jahr 2022 ein rechtkräftiges Urteil erging, wurde in 79 400 Fällen oder 82,6 Prozent eine Geldstrafe verhängt. 12 200 Personen oder 12,7 Prozent wurden zu einem Freiheitsentzug in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt. Davon setzten die Gerichte rund 8 500 zur Bewährung aus, sodass letztlich 3 700 Verurteilte, das entspricht 3,8 Prozent aller Verurteilten, nach dem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe antreten mussten. Bei den übrigen 4 500 Verurteilten (4,7 Prozent) wurden vor allem Verwarnungen oder Jugendarrest (Zuchtmittel) sowie Erziehungsmaßregeln wie die Erbringung von Arbeitsleistungen oder die Unterbringung in einem Heim angeordnet.
Nicht berücksichtigt in der Strafverfolgungsstatistik sind Fälle, in denen es nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens gar nicht erst zu einer Anklage gekommen ist, sowie eine nicht quantifizierbare Dunkelziffer nicht bekannt gewordener oder nicht aufgeklärter Straftaten.