
Malerisch präsentiert sich die Wildblumenwiese im Gewann Ettern in Neuhausen-Hamberg, wo der „Gewöhnliche Teufelsabbiss“ und die Sumpf-Schafgarbe wachsen. Foto: Georg Kost
ENZKREIS/ NEUHAUSEN, 09.09.2025 (rsr) – Wildblumenwiesen erleben in den vergangenen Jahren eine neue Aufmerksamkeit. Kommunen, Landwirte und Privatpersonen entdecken die bunten Flächen als sichtbares Zeichen für Naturschutz und Artenvielfalt. Obwohl das Bild blühender Wiesen romantisch malerisch wirkt, zeigt sich in der Praxis häufig: Ohne Fachkenntnis bleibt der ökologische Nutzen gering oder verfehlt das Ziel.
Eine Wildblumenwiese ist weit mehr als eine optische Aufwertung ein komplexes Ökosystem, das weit mehr als nur Schönheit bietet.
Sie ist Lebensraum für Insekten, Kleinsäuger sowie wichtiges Brut- und Rückzugsgebiet für Vögel und ein wichtiger Baustein im ökologischen Kreislauf (Fotos unten). Anders als im Gegensatz zu monotonen Rasenflächen oder Zierbeeten bringen artenreiche Wiesen unterschiedliche Pflanzen hervor, die wiederum verschiedensten Tierarten Nahrung und Schutz bieten. Ihre ökologische Leistung reicht von der Bestäubung über die Verbesserung der Bodenqualität bis hin zur Speicherung von Kohlenstoff.




Der Biologe Walter Bogner aus Neuhausen beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Anlegen und Pflegen solcher Flächen. Er beobachtet, dass vielerorts zwar guter Wille vorhanden ist, das nötige Hintergrundwissen jedoch fehlt. „Nicht jede bunt eingesäte Fläche ist automatisch eine Wildblumenwiese, die einen Mehrwert für die Natur bringt“, sagt er.

Walter Bogner setzt auf einen konsequenten Ansatz: Er sammelt Samen heimischer Pflanzen und Kräuter direkt in der Natur und bringt diese an Standorten aus, an denen sie ökologisch sinnvoll sind. Foto: Georg Kost
Häufig entstehen Prestigeprojekte, die viel Geld kosten, aber weder dauerhaft bestehen noch die Artenvielfalt fördern. Viele im Handel angebotene Saatmischungen enthalten farbenprächtige, exotische Arten aus unterschiedlichsten Regionen dieser Welt. Leider sind diese von unseren Insekten zur Ernährung oft nicht nutzbar. Walter Bogner setzt auf einen konsequenten Ansatz: Er sammelt Samen heimischer Pflanzen und Kräuter direkt in der Natur und bringt diese an Standorten aus, an denen sie ökologisch sinnvoll sind. Gleichzeitig können Arten, die verloren gegangen sind wieder neu angesiedelt werde. Für ihn ist klar: Nur wer mit den regional typischen Arten arbeitet, unterstützt die Insektenwelt nachhaltig.

Große Wiesenflächen werden von Walter Bogner mit dem sogenannten Saatbeetle abgeerntet. Foto: Walter Bogner
Viele Initiativen scheitern an grundlegenden Fehlern beim Anlegen der Wildblumenfläche. Entweder können bestehende Rasenflächen umgewandte oder eine neue Fläche geschaffen werden, sagt Walter Bogner.
Wird ein nährstoffreicher Gartenboden ohne Vorbereitung eingesät, verdrängen schnell dominante Gräser die zarten Wildblumen. Wer nachhaltig Erfolg haben will, sollte die Rasenfläche umstechen und von Grassoden befreien. Danach die Fläche künstlich abmagern, in dem man den abgestochenen Boden im Verhältnis eins zu eins mit Kies der Körnung zwei bis acht Millimeter mischt.
Nach dem Aussähen ist regelmäßiges Wässern notwendig um den keimenden Samen optimale Bedingungen zu schaffen. Die Wiese niemals mit einem Rasenmäher mähen, sondern konventionell höchstens zweimalig im Jahr schneiden. Geduld ist gefragt, da viele Pflanzen erst im zweiten Jahr zu blühen und fruchten beginnen.

Die Sumpf-Schafgarbe gedeiht besonders prächtig im Gewann Ettern in Hamberg. Foto: Georg Kost
Wer eine Wildblumenfläche auf bestehender Rasenfläche anlegen möchte, für den hat Walter Bogner einige praktische, wie wichtige Tipps. Zunächst wird der Rasen tief gemäht, von Rasenfilz befreit, anschließend eingesät und regelmäßig gewässert. Damit unerwünschte Unkräuter oder das Gras nicht dominieren, muss man im ersten und eventuell zweiten Jahr Schröpfschnitte vornehmen. Diese Art der Wildwiesenanlage erfordert größte Aufmerksamkeit. Viel hängt davon ab wie der Düngungszustand der ehemaligen Rasenfläche war. Bei zuvor jährlich gedüngtem Rasen gelingt die Umwandlung oft nicht.
Eine einmal angelegte Wildblumenwiese verlangt insgesamt weniger Arbeit als ein Ziergarten. Zweimaliges Mähen nach dem Fruchten und Aussamen der Wildblumen sowie das Entfernen des Schnittgutes, stabilisieren diese Pflanzengemeinschaften und bieten Tieren ideale Lebensbedingungen. Dabei darf nie die gesamte Fläche gleichzeitig geschnitten werden, damit Insekten Rückzugsräume behalten, so Walter Bogner weiter.

Der Blumensamen wird in Eimern gesammelt und später getrocknet. Foto: Georg Kost
Jederzeit hat man die Möglichkeit neue Pflanzen in die Wildblumenwiese zu integrieren und somit das Spektrum der Arten zu verbreitern.
Die wachsende Begeisterung für Wildblumenwiesen ist ein wichtiges Signal. Wer ökologisch fundiert handelt, schafft Flächen, die nicht nur bunt blühen, sondern auch einen messbaren Beitrag für die Artenvielfalt leisten. Walter Bogner bringt es auf den Punkt: Nur wenn man die Zusammenhänge kennt, kann man etwas bewegen. Sonst laufen die gut gemeinten Maßnahmen am Ende ins Leere.
