
Das Team vom Talbachhof mit Marvin Bossert, Daniel Lederer, Dustin Hess und Linus Flachs. v.l.n.r. Foto: Georg Kost
TIEFENBRONN-LEHNINGEN, 06.09.2025 (rsr) – Der Talbachhof am Rande von Tiefenbronn-Lehningen ist ein besonderer Ort. Eingebettet in die Landschaft des Heckengäus, wo Wiesen, Felder, Streuobstwiesen und Wälder das Bild prägen, führt der 24-jährige Marvin Bossert den Hof, den er 2018 von seinem Großvater Hans Waschka übernommen hat.
Was einst ein traditioneller Kleinbetrieb war, ist heute zu einem Projekt geworden, das Landwirtschaft, Naturschutz und Gemeinschaft neu denkt.
Der Hofalltag beginnt früh. Noch liegt Nebel über den Wiesen, wenn die Ziegen ungeduldig auf ihr Futter warten. „Kommt, Mädels!“, ruft Marvin, und schon drängen sich die Tiere am Zaun. „Hier bei uns hat jedes Tier einen Namen und eine Geschichte“, sagt er. Für ihn war von Anfang an klar, dass die Landwirtschaft auf dem Talbachhof andere Wege gehen sollte. „Wenn ich den Hof führe, dann so, dass Tiere nicht mehr nur Mittel zum Zweck sind.“

Marvin Bossert betreibt den von seinem Großvater vererbten Talbachhof im Nebenerwerb. Foto Georg Kost
Heute leben dort neben den 15 Ziegen auch Hühner, Enten, Gänse fünf Teacup-Schweine und ganz neu, drei Alpakas – ohne die Gefahr, jemals geschlachtet zu werden. „Das Tierwohl steht an erster Stelle. Jedes Tier bleibt, bis es von selbst gehen muss.“
Die Tiere sind auf dem Talbachhof nicht nur Mitbewohner, sondern auch Teil der Landschaftspflege. Die Ziegen halten Wiesen offen, verhindern, dass Flächen verbuschen, und schaffen Lebensraum für seltene Pflanzen. „Unsere Tiere sind Teil des Naturschutzes. Sie helfen, die Kulturlandschaft zu erhalten“, erklärt Marvin, während er einer Ziege über den Hals streicht. Hinter einem Holzzaun haben die Schweine ihr Reich gefunden. Manche dösen in der Sonne, andere wühlen im Boden. „Hier dürfen Schweine einfach Schwein sein – mit Platz, frischer Luft und Zeit“, sagt Marvin lachend, als eines der Tiere neugierig an seiner Hose zupft.

Linus Flachs ist für die Holzwirtschaft auf dem Hof zuständig. Foto: Georg Kost
Doch der Hof ist mehr als ein Rückzugsort für Tiere. Auch Holz spielt eine zentrale Rolle. Balken, Dielen und Bretter, die andernorts im Abfall landen würden, erhalten hier ein zweites Leben. Verantwortlich dafür ist Linus Flachs. Der 23-Jährige, der Holzwirtschaft studiert hat und eine Ausbildung zum Zimmermann anstrebt, leitet den Holzplatz. „Wir entfernen Nägel, Schrauben und Eisenteile, zersägen das Holz und nutzen es weiter – entweder als Bauholz oder, wenn nichts mehr geht als Brennholz. So entsteht ein geschlossener Kreislauf“, sagt er. Für ihn ist Holz ein lebendiger Rohstoff, der Respekt verdient.
Ein weiterer Bereich des Hofes gehört den Bienen. Daniel Lederer, 25 Jahre alt und im Hauptberuf Anlagenmechaniker, ist leidenschaftlicher Imker. Vorsichtig hebt er einen Rahmen aus der Beute, in dem es summt und glänzt. „Die Bienen bestäuben Obstbäume, Wildpflanzen und Gemüse – ein stiller, aber unverzichtbarer Beitrag zur Artenvielfalt.“ Für Lederer ist die Arbeit am Bienenstock mehr als nur ein Ausgleich zum Beruf. „Es geht darum, Kreisläufe sichtbar zu machen. Ohne Bienen gäbe es den Hof in dieser Form gar nicht.“

Daniel Lederer, im Hauptberuf Anlagenmechaniker, ist leidenschaftlicher Imker. Foto: Georg Kost
So vereinen sich auf dem Talbachhof drei Bereiche: Tiere, Holz und Bienen – getragen von dem Gedanken, Mensch und Natur miteinander zu verbinden.
Das Projekt ist längst auch ein Ort für Besucher geworden. Schulklassen, Familien und Wandergruppen sind willkommen, die Tiere kennenzulernen, Honig zu probieren oder den Umgang mit Holz zu entdecken. „Wir sind mehr als nur ein Haufen Experten: Bei uns arbeiten Freunde zusammen, die ihre Fähigkeiten teilen. So entsteht etwas, das größer ist als jeder Einzelne“, sagt Marvin Bossert.
Der Hof ist für die drei jungen Männer weit mehr als ein Nebenerwerb. Er ist eine Haltung, ein sichtbares Beispiel für eine Landwirtschaft, die ohne Schlachtung auskommt, eine Holzwirtschaft, die Nachhaltigkeit ernst nimmt, und ein Miteinander, das Gemeinschaft ins Zentrum stellt. „Am Ende geht es um eine einfache Sache: Wir wollen eine Zukunft, die Mensch, Tier und Natur verbindet. Das ist der Talbachhof – ein Hof mit Herz, Verstand und einer klaren Botschaft: Natur ist nicht nur Kulisse, sie ist unser Zuhause“, fasst Marvin Bossert zusammen.
Wer sich näher für den Talbachhof interessiert wird auf der Website des Hofes gut und ausführlich informiert. Diese wird von Dustin Hess, dem vierten Mann auf dem Talbachhof, regelmäßig gepflegt, wenn er nicht irgendwo auf dem Hof eingespannt ist. Auf der Homepage finden sich alle Neuigkeiten und natürlich viele Bilder vom Hof und seinem Freundeskreis.



