
Die 22. Deutsche Meisterschaften im Triplette der Frauen wurden am Wochenende in Steinegg ausgetragen ebenso wie die 8. Deutsche Meisterschaft im Tireur der Frauen. Foto: Georg Kost
NEUHAUSEN-STEINEGG, 16.06.2025 (rsr) – Während andere Sportarten in Schlagzeilen und Fernsehbildern um Aufmerksamkeit ringen, ist am Wochenende in Neuhausen-Steinegg ein Ereignis über die Bühne gegangen, das ganz ohne große Bühne auskommt – und gerade deshalb in Erinnerung bleibt. Die Deutschen Meisterschaften der Frauen im Triplette und Tireur brachten an zwei Tagen 192 Spielerinnen aus dem gesamten Bundesgebiet in den kleinen Ort im Biet. Mit Leidenschaft, Präzision und Fairness wurde um nationale Titel gespielt – nicht um Preisgelder, nicht um Verträge, sondern aus purer Begeisterung für den Pétanque-Sport.
Erstmals hatte der 1. FC Steinegg – Bietbouler e.V. die Ausrichtung übernommen – ein junger Verein, der mit großem ehrenamtlichen Engagement und viel Herzblut zeigte, wie viel sportlicher und menschlicher Wert in dieser oft unterschätzten Disziplin steckt.
Ein Ort verwandelt sich zur DM-Arena
Das Vereinsgelände – einst ein Fußballplatz – wurde durch unzählige Helferstunden zur würdigen Austragungsstätte. Die positive Resonanz kam nicht nur von den Teilnehmerinnen, sondern auch vom Verband: DPV-Präsident Michael Dörhöfer lobte die Organisation und erinnerte daran, dass der Verein bereits im Vorjahr mit der Landesmeisterschaft in Tête-à-Tête und Tireur überzeugte. „Dass sich ein so junger Verein nun auch an eine Deutsche Meisterschaft wagt und diese so souverän umsetzt, ist bemerkenswert.“
Auch Bürgermeister-Stellvertreter Martin Volz zeigte sich beeindruckt. In seiner Eröffnungsrede hob er hervor, welche Bedeutung der Boulesport in der Gemeinde inzwischen einnimmt – als Ort der Begegnung, als Möglichkeit, Menschen zu verbinden, Generationen zu mischen und Freundschaften zu pflegen.
Sonnenschirm am Samstag, Regenschirm am Sonntag

22. Deutsche Meisterschaften Triplette Frauen & 8. DM Tireur Frauen. Foto: Georg Kost
Das Wetter spielte an diesem Wochenende eine wechselhafte Rolle: Während sich die Teilnehmerinnen am Samstag bei schwülwarmen Temperaturen unter Sonnenschirmen versammelten, waren am Sonntag zwischenzeitlich Regenschirme gefragt. Die Stimmung auf dem Gelände blieb trotz der kurzen Schauer unverändert positiv – typisch für eine Sportart, die Ruhe und Geduld auch unter freiem Himmel kultiviert.
Spitzensport unter freiem Himmel
Insgesamt 64 Triplette-Teams hatten sich über ihre Landesverbände qualifiziert – allein 17 davon aus Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Baden-Württemberg mit 14 Teams. Das Teilnehmerfeld wurde durch die kombinierte Startquotenregelung aus Verbandsgröße und sportlicher Leistung der Vorjahre bestimmt – ein Modell, das Quantität und Qualität gleichermaßen berücksichtigt.
Gespielt wurde in sogenannten Poules (Vierergruppen), aus denen sich jeweils zwei Teams für das A-Turnier – die Entscheidung um die Meisterschaft – und zwei für das B-Turnier qualifizierten. Die ersten Viertelfinalspiele wurden bereits am Samstagabend ausgetragen.
Für eine kleine Überraschung sorgten die Titelverteidigerinnen des Jahres 2024: Das favorisierte Team NRW 06 mit Britt Ulrich, Bianca Schulte und Daniela Schupp schied bereits in der Vorrunde aus – ein früher Rückschlag, der das Feld für neue Titelanwärter öffnete.
Norddeutschland holt den Titel – Finale endet 13:3
Im Finale um die Deutsche Meisterschaft standen sich das Team Nord 01 mit Martina Theil (Heider Rindsboule Union), Katrin Pfeiffer (Hamburger Rugby-Club) und Laura Beartels (Lübecker BC) sowie das Team NRW 07 mit Daniela De Laet (Chateau Benrath Düsseldorf Pétanque), Mechthild Hesterkamp (Düsseldorf sur place) und Heike Lisner (SV Siemens Mülheim an der Ruhr) gegenüber.
In einer souveränen Partie setzte sich das Trio aus dem Norden mit 13:3 durch und sicherte sich damit den Deutschen Meistertitel im Triplette der Frauen 2025. Das Team NRW 07 wurde Deutscher Vizemeister – eine starke Leistung, die ebenfalls Anerkennung verdient.
Zwar war die Zuschauerbeteiligung beim Finale etwas spärlich, doch wer nicht live vor Ort war, konnte viele Spiele, darunter auch das Endspiel, über den YouTube-Kanal des Deutschen Pétanque-Verbands (DPV) verfolgen – ein Angebot, das in der Szene zunehmend geschätzt wird.
Tireur-Meisterschaft: Präzision siegt – Celine Grauer neue Meisterin
Parallel fand am Sonntag auch die 8. Deutsche Tireur-Meisterschaft der Frauen statt – eine Disziplin, die das gezielte Schießen auf vorgegebene Ziele verlangt. Hier stand Eileen Jenal aus dem Saarland, Titelverteidigerin von 2024, im Fokus der Zuschauer. Doch in diesem Jahr musste sie sich der Konkurrenz geschlagen geben.
Neue Deutsche Tireur-Meisterin wurde Silvana Lichte vom Team NRW 1. Den zweiten Platz belegte Stefanie Wachendorf vom Team Niedersachsen 2, gefolgt von der Vorjahressiegerin Eileen Jenal, die in einem starken Teilnehmerfeld auf Rang drei landete.
Die Entscheidung wurde mit Spannung verfolgt – live vor Ort und über den Stream –, und war ein weiteres sportliches Highlight des Wochenendes.

22. Deutsche Meisterschaften Triplette Frauen & 8. DM Tireur Frauen. Foto: Georg KostRA
Mehr als ein Turnier – ein Fest des Sports
Trotz der hochklassigen Leistungen blieb das Turnier bodenständig, familiär und offen. Es wurde viel gelacht, angefeuert, gemeinsam gegessen – Boule als gelebte Gemeinschaft. Die Ehrenamtlichen des Vereins sorgten für reibungslose Abläufe, beste Verpflegung und eine herzliche Atmosphäre, die von Teilnehmerinnen und Besuchern gleichermaßen geschätzt wurde.
Geld verdienen lässt sich im deutschen Pétanque nicht, doch das war nie das Ziel. Stattdessen lebt der Sport von Überzeugung, Leidenschaft und dem Willen, das Beste zu geben – unabhängig von medialer Aufmerksamkeit. Dass diese Meisterschaft kaum in der Berichterstattung vorkommt, sagt mehr über die Medienlandschaft als über die Bedeutung des Sports selbst.
Ausblick: Jugend-DM 2026 in Steinegg
Für Uwe Birringer, Vorsitzender des 1. FC Steinegg Bietbouler e.V. , war die Veranstaltung ein voller Erfolg. „Es war eine große Aufgabe für unseren Verein, aber wir haben sie mit Teamgeist und Einsatz gestemmt. Die Stimmung, die Spiele und die Rückmeldungen zeigen uns: Es war die richtige Entscheidung, diese Meisterschaft auszurichten.“
Und es soll nicht das letzte Großereignis bleiben: Bereits im September 2026 wird Steinegg Gastgeber der Deutschen Meisterschaften der Jugend sein – ein weiterer Meilenstein für den Verein und ein starkes Zeichen für die Zukunft des Boulesports.
Starke Frauen, stiller Sport – und eine starke Botschaft
Die Deutschen Meisterschaften in Steinegg haben eindrucksvoll gezeigt, was Pétanque leisten kann: Sport auf höchstem Niveau, getragen von Respekt, Fairness und Freude. Kein Lärm, keine Inszenierung – aber echtes Können. Und vielleicht liegt gerade darin die wahre Kraft dieses Spiels mit den schweren Kugeln. < Fotogalerie >