Landratsamt Böblingen will verständlicher werden

Mit einfacher Sprache wird auch die Arbeit für die Behörde einfacher

bei Georg Kost

Im Rahmen einer Feierstunde konnte Landrat Roland Bernhard (d.v.l) die Sieger in einem Mitarbeiterwettbewerb auszeichnen. Foto: LRA Böblingen.

BÖBLINGEN, 19.04.2023 (pm) – Wer hat sich nicht schon mal über ein Schreiben einer Behörde geärgert, das den Empfänger auch nach zweimaligem Durchlesen ratlos zurücklies. Das Problem hat man auch im Landratsamt in Böblingen erkannt. Systematisch will man dort für den Bürger verständlicher werden. Die Mitarbeiter werden auch durch einen Wettbewerb zu verständlicher Sprache motiviert. Jetzt konnte Landrat Roland Bernhard die Sieger in einem Mitarbeiterwettbewerb auszeichnen. In Rahmen einer kleinen Feier überreichte der Amtschef die Preise am Montag, den 17.04.2023 stellvertretend an Kerstin Höchst vom Abfallwirtschaftsbetrieb, Katja Sartissohn und Katharina Hornikel, beide vom Jugendamt. Die jeweiligen Arbeitsgruppen bekamen für ihre Mühen Verzehrgutscheine für ein Restaurant ihrer Wahl. Bernhard lobte das Engagement seiner Mitarbeiter und hob hervor, dass in der Jury gezielt Menschen aufgenommen wurden, die eher ein einfaches Sprachverständnis haben: eine Person mit Behinderung und ein Mensch mit noch junger Zuwanderungsgeschichte. „Wir müssen vom Kunden her denken!“ begründete dies der Amtschef. „Ich freue mich über die fachübergreifende Zusammenarbeit in meinem Haus bei diesem Thema!“

Gerade für die angesprochenen Gruppen sind Behördenschreiben ein besonderes Problem, deshalb ging die Initiative für einfache Sprache im Landratsamt auch vom Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Reinhard Hackl, aus, der sich das Amt für Migration und Flüchtlinge von Katharina Pfister mit an Bord holte. Pfister meint: „Zuwanderung von Menschen mit geringen Deutschkenntnissen gehört zum Alltag im Landkreis Böblingen. Mit der einfachen Sprache stellen wir uns dieser Herausforderung“.

Das Verständnisproblem ist aber beileibe nicht auf diese Personengruppen beschränkt. Jeder sechste deutsche Erwachsene hat Schwierigkeiten beim Lesen der Texte, die uns im Alltag begegnen. Behördentexte sind besonders unverständlich. Nach einer Studie der Universität Hamburg werden 74 % der Texte von Behörden und Firmen nur von weniger als 10 % der Bevölkerung richtig verstanden. Ein echtes Problem für Behörden, denn daraus entstehen unnötige Reibungsverluste und Konflikte.

Deshalb wurden für die Mitarbeiter bislang zwei Workshops für einfache Sprache durchgeführt. Danach in den verschiedenen Dezernaten und Ämtern Qualitätszirkel gegründet, die sich die Amtstexte vornehmen. Neun Qualitätszirkel haben bislang ihre Arbeit aufgenommen. Als kleiner Anreiz wurden bislang zwei Wettbewerbe ausgelobt. Preiswürdig waren der Jury dabei das Abfall –ABC in einfacher Sprache, die verständliche Vorstellung des Jugendamtes und des Jugendhilfeordners, der an betroffene Familien ausgehändigt wird. Beim ersten Wettbewerb war der Beauftragte besonders von der Bearbeitung der Schreiben des Vermessungsamtes angetan. „Wenn die Bürger wissen, was wir von ihnen wollen, entstehen viele Spannungen erst gar nicht,“ ist Hackl überzeugt. Im Landratsamt Böblingen jedenfalls ist ein kleiner Kulturwandel in Gang gekommen.