BÖBLINGEN, 12.05.2023 (pm) – Der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Kreistags Böblingen begrüßt den Vorstoß von Landrat Roland Bernhard, sich beim Bund für den Erhalt von Fördermitteln zum Neubau eines Frauen- und Kinderschutzhauses stark zu machen. Das wurde in den Wortmeldungen im Anschluss an seinen mündlichen Zwischenbericht deutlich. „Wir verfolgen das gleiche Ziel, wieder ein Frauenhaus im Landkreis zu haben. Ein solches wird dringlich gebraucht und wir als Projektträger benötigen dafür Fördermittel“, so der Landrat. Da es nach wie vor ungewiss sei, ob der Landkreis eine Förderung aus dem Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ erhalten werde, habe er sich in einem Schreiben an Bundesfamilienministerin Lisa Paus gewandt und appelliert, im Zusammenwirken von Bund, Land und Landkreis für das Projekt des Kreises grünes Licht zu geben und es auf die Zielgerade zu heben.
Anlass dafür sind aktuelle Entwicklungen im Bundesinvestitionsprogramm und der seitens des Bundes verfolgten Strategie, vorrangig die Vorhaben zu fördern, die sich innerhalb der Programmlaufzeit bis Ende 2024 verwirklichen lassen. Seit nunmehr zwei Jahren prüft der Bund, ob er für das Modellprojekt des Landkreises Böblingen Fördermittel bereitstellen möchte. So hatte der Landkreis bereits im Mai 2021 eine Förderanfrage bei der Bundesservicestelle „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ gestellt, die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums das Programm betreut. Das Land Baden-Württemberg priorisierte entsprechend der Landeskonzeption das Böblinger Vorhaben und erteilte die „befürwortende Stellungnahme“, die der Bund für eine Bewilligung braucht.
Die lange Bearbeitungsdauer und die ausstehende Bundesentscheidung zur Förderung hätten eine zeitliche Verschiebung der Verwirklichungsschritte nach sich gezogen, so der Landrat. „Wir haben alles an vorbereitender Planung gemacht, was die Förderrichtlinie im Vorverfahren zulässt. Im Vertrauen auf die motivierenden Signale der Bundesservicestelle über die zwei Jahre hinweg sind wir soweit als möglich in Vorleistung gegangen. Wir haben die Bauplanung auf eigene Kosten bereits weit vorangetrieben und einen vollständigen Antrag auf Baugenehmigung eingereicht, der in Kürze positiv beschieden werden wird“, heißt es aus dem Böblinger Landratsamt. Alle weiteren Schritte, um das Projekt ohne zusätzlichen Zeitverzug realisieren zu können, würden jetzt von der Bundesentscheidung abhängen.
Die kreispolitische Weichenstellung für den Neubau des Frauenhauses fiel im Frühjahr 2021. Geplant ist in Bauträgerschaft des Landkreises der Neubau eines barrierefreien Frauen- und Kinderschutzhauses auf einem städtischen Grundstück in Herrenberg. Konzipiert sind 16 flexibel nutzbare Wohneinheiten, in denen, je nach Kinderzahl der unterzubringenden Frauen, zwischen 16 und 25 Personen einen sicheren Schutzraum finden sollen. Den Betrieb des Frauenhauses wird die Waldhaus Jugendhilfe gGmbH übernehmen. Sie kooperiert mit dem Verein „Frauen helfen Frauen Kreis Böblingen“, der 30 Jahre lang ein autonomes Frauenhaus in Sindelfingen betrieben hatte. Es schloss Ende September 2011 aus wirtschaftlichen Gründen. Seither ist der Landkreis Böblingen ein „weißer Fleck“ auf der Angebotslandkarte.
Von 5,6 Millionen Euro Gesamtkosten geht der Landkreis nach fortgeschriebener Kostenberechnung derzeit aus. Ohne Fördermittel wäre das Vorhaben gefährdet. „Das darf nicht sein“, so der Landrat. Er habe deshalb dieses Thema auch bei der Berlinreise der Kreistagsdelegation letzte Woche im Gespräch mit den Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis angebracht und Unterstützung erfahren. Dafür sei er dankbar.
„Die auf Bundesseite entstandene Verzögerung haben wir nicht zu vertreten“, so der Landrat. Das Bundesfamilienministerium könne im Rahmen seiner Förderkompetenz die Weichen so stellen, dass unsere „Hängepartie“ ein Ende hat und wir „Licht am Horizont sehen“. Das Vertrauen und das Engagement der am Projekt Beteiligten, vor allem aber die Hoffnung und der Anspruch der von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder auf ausreichend Schutzräume dürften nicht enttäuscht werden. „Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten, benötigen dafür aber die Unterstützung von Bund und Land.“ Das Land habe diese bereits in Aussicht gestellt, jetzt komme es auf die Entscheidung aus Berlin an. „Wir sind vorsichtig optimistisch und geben die Hoffnung nicht auf“, so Bernhard.