Gemeinderat Tiefenbronn beschließt Gründung der „Energie Tiefenbronn GmbH“

bei Georg Kost

Weitreichende Entscheidung traf der Gemeinderat Tiefenbronn am Freitag seiner letzten Sitzung in diesem Jahr. Foto: Georg Kost

TIEFENBRONN, 14.12.2025 (rsr) – Mit einem einstimmigen Beschluss hat der Gemeinderat Tiefenbronn am Freitagabend im Bürger- und Kulturhaus Rose den Weg für die Gründung einer kommunalen Energiegesellschaft freigemacht. Unter Vorsitz von Bürgermeister Frank Spottek votierten alle Ratsmitglieder für die Gründung der „Energie Tiefenbronn GmbH“ in Kooperation mit der Energie Calw GmbH (ENCW).
Ziel ist es, die Energieversorgung der Gemeinde langfristig wirtschaftlich, regional und regenerativ auszurichten.

Bürgermeister Frank Spottek wertete die Entscheidung als einen richtigen Schritt für die Gemeinde.
Die Entscheidung ist das Ergebnis eines mehrstufigen Beratungsprozesses. Bereits in der Sitzung am 25. Juli 2025 hatte sich der Gemeinderat mit drei möglichen Kooperationspartnern befasst. Am 17. Oktober 2025 fiel schließlich einstimmig die Grundsatzentscheidung für eine Zusammenarbeit mit der ENCW.

Vor der Abstimmung unterstrich Gemeinderat Dieter Leicht (LMU) die Tragweite des Vorhabens. „Die Gründung einer Energiegesellschaft ist ein wichtiger Schritt für die Gemeinde, zugleich aber auch eine große Verpflichtung für den Gemeinderat“, sagte Leicht. Er griff zudem das Thema Windkraft auf und bezeichnete die frühere Ablehnung entsprechender Projekte als strategischen Fehler. Leicht gab seiner Hoffnung Ausdruck,  dass dieses Thema im Rahmen der neuen Energiegesellschaft nochmals betrachtet wird.

Ralf Bommer (CDU) bezeichnete die Gründung der Gesellschaft als „sinnvolle Einrichtung, um das Thema Energie in Tiefenbronn systematisch voranzubringen“, stellte jedoch klar, dass er die Einschätzung von Dieter Leicht zur Windenergie nicht teile. CDU-Fraktionssprecher Stefan Kunle machte deutlich, dass er sich von der Aussage eines strategischen Fehlers distanziere. Die Entscheidung sei die mehrheitlich Meinung eines Bürgerentscheides gewesen, erinnerte Kunle.

Ökonomisch wie ökologisch verfolgt die neue Gesellschaft ambitionierte Ziele. Langfristig soll ein wesentlicher Teil des in Tiefenbronn benötigten Stroms direkt vor Ort erzeugt werden. Der Leitsatz „Energie aus Tiefenbronn für Tiefenbronn“ steht dabei sowohl für eine regionale Wertschöpfung als auch für eine größere Unabhängigkeit vom Energiemarkt. Zugleich will die Gemeinde Einfluss darauf nehmen, wie der Strom erzeugt wird – vorrangig durch regenerative Energien.

Nach derzeitigem Stand soll der Ausbau der Stromerzeugung vor allem über Photovoltaikanlagen erfolgen. In Betracht kommen kommunale Dachflächen ebenso wie künftige Projekte, etwa auf der sanierten Gemmingenhalle, sowie angemietete private Flächen. Andere erneuerbare Energieformen sind grundsätzlich nicht ausgeschlossen.
Zentrale Voraussetzung bleibt jedoch die Wirtschaftlichkeit. Maßnahmen sollen nicht aus symbolischen Gründen umgesetzt werden, sondern nur dann, wenn sie ökonomisch tragfähig sind.

Die Investitionen und das wirtschaftliche Risiko trägt die Energiegesellschaft selbst. Durch die Direktvermarktung des erzeugten Stroms sollen Erträge erzielt werden. Zudem verspricht sich die Gemeinde durch die Kooperation mit der ENCW Vorteile bei Planung, Bau und Betrieb der Anlagen. Deren Erfahrung in Stromerzeugung und -handel sowie bestehende Partnernetzwerke sollen eine schnellere und kostengünstigere Umsetzung ermöglichen. Gleichzeitig können kommunale Liegenschaften künftig günstiger mit eigenem Strom versorgt werden, wodurch Ausschreibungen und langfristige Preisbindungen entfallen. Dies soll zu mehr Preisstabilität, einer Entlastung der Netze und einer Reduktion der CO₂-Emissionen beitragen.

Die Gesellschaftsanteile werden zu 51 Prozent von der Gemeinde Tiefenbronn und zu 49 Prozent von der ENCW gehalten. Damit bleibt die strategische Steuerung in kommunaler Hand, während das wirtschaftliche Risiko auf beide Partner verteilt wird.
Nach Einschätzung der Gemeindeverwaltung Tiefenbronn besteht ein gemeinsames Interesse an einer positiven Geschäftsentwicklung, was durch vorgelegte Business-Cases und Erfahrungen aus anderen Kommunen gestützt wird.

Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sämtliche Investitionen außerhalb des kommunalen Haushalts abgewickelt werden. Gewinne können bei entsprechender Beschlusslage an die Gemeinde ausgeschüttet werden.
Als Risiko wurde benannt, dass in der Anfangsphase eine zu geringe Kundenzahl dazu führen könnte, dass Fixkosten nicht vollständig gedeckt werden. In diesem Fall wären Zuschüsse der Gesellschafter möglich. Sollte sich die Gesellschaft dauerhaft als unwirtschaftlich erweisen, wäre eine Liquidation vorgesehen. Dieses Szenario wird jedoch als wenig wahrscheinlich eingeschätzt.

Das Stammkapital beträgt 25.000 Euro, wovon die Gemeinde bei einem Anteil von 51 Prozent 12.750 Euro einbringt. Diese Mittel sind im Haushaltsplan 2026 veranschlagt. Bei planmäßigem Verlauf sind keine weiteren Zahlungen der Gemeinde vorgesehen.

Als Gesellschafter werden vertraglich Bürgermeister Frank Spottek sowie der Geschäftsführer der ENCW benannt. Die operative Geschäftsführung soll gemeinsam mit je einer weiteren Person von Gemeinde und ENCW erfolgen. Seitens der Gemeinde ist Hauptamtsleiter Manuel Rausch vorgesehen, die Benennung der ENCW-Vertretung steht noch aus.
Der Aufsichtsrat wird aus drei Personen bestehen: den Vorsitz führt der Bürgermeister kraft Amtes, weiteres Mitglied ist der Geschäftsführer der ENCW, das dritte Mitglied wird aus den Reihen des Gemeinderats Tiefenbronn gewählt. Diese Wahl ist für die Sitzung am 23. Januar 2026 vorgesehen.

Voraussetzung für die zügige notarielle Gründung – angestrebt ist Mitte Januar 2026 – ist die formale Bestätigung des Aufsichtsratsvorsitzenden und eines Geschäftsführers. Im Anschluss sollen die weiteren Gründungsschritte eingeleitet werden.
Ziel ist ein eigenständiger Marktauftritt der Energie Tiefenbronn GmbH spätestens zum 1. August 2026. Die zeitlichen Abläufe ergeben sich aus notwendigen Genehmigungsverfahren, eine frühere Markteinführung wird jedoch angestrebt.

Begleitend zur Gründung ist eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen. Für Beratung und Vertrieb sollen, falls erforderlich, geeignete Räumlichkeiten in der Gemeinde angemietet werden, um die neue Gesellschaft vor Ort sichtbar zu machen. Mit dem einstimmigen Beschluss beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung, alle weiteren Schritte zur Umsetzung der Energie Tiefenbronn GmbH einzuleiten.