Einladung zum Sekundenschlaf

bei Georg Kost

Geht über die Schmerzgrenzen von Kunst: Das Kollektiv Frankfurter Hauptschule. Fotos: FHS

PFORZHEIM, 07.10.2022 (pm) – Sie spritzen sich Heroin, um gegen die Gentrifizierung zu protestieren, bewerfen Goethes Gartenhaus in Weimar mit Klopapier oder platzieren ein ausgebranntes Polizeiauto als Fotokulisse im öffentlichen Raum: Das Künstlerkollektiv Frankfurter Hauptschule aus dem Umfeld der Städelschule setzt seine subversiven künstlerischen Aktionen als Abgesang an den Glauben der Subversion ein.

Am Dienstag, 11. Oktober 2022 ist das Kollektiv um 18.30 Uhr zu Gast an der Hochschule Pforzheim. Im Rahmen der „Artefakte“-Reihe der Fakultät für Gestaltung sind die Frankfurter Künstlerinnen und Künstler mit der Lecture Performance „Einladung zum Sekundenschlaf“ in der Aula der Fakultät, Holzgartenstraße 36, zu hören und zu sehen.

Geht über die Schmerzgrenzen von Kunst: Das Kollektiv Frankfurter Hauptschule. Fotos: FHS

Die Frankfurter Hauptschule ist ein gut zwanzigköpfiges Kollektiv aus Frankfurt am Main, das sich an der Städelschule gründete und seit 2013 Kunst- und Schmerzgrenzen im Stresstest des öffentlichen und medialen Raums erforscht. In ihren Arbeiten loten die Künstler*innen gesellschaftliche Belastbarkeiten und juristische Zuständigkeiten aus. Im Wagnerjahr 2013 verteilte die Gruppe 50.000 gefälschte Eintrittskarten für die Premiere der Bayreuther Festspiele, um die posthume Redemokratisierung des Antisemiten Richard Wagner zu kritisieren.

Geht über die Schmerzgrenzen von Kunst: Das Kollektiv Frankfurter Hauptschule. Fotos: FHS

2015 protestierten sie mit einer „Heroin-Performance“ gegen die Vertreibung von Drogensüchtigen aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel und legten in einem öffentlichen Sturm der Entrüstung die Funktionsweise der Stadtgesellschaft offen. 2016 löste die Gruppe mit der Ankündigung, Liebesschlösser von Brücken abzuknacken und einzuschmelzen, eine kontroverse Diskussion in den sozialen Medien aus. im Frühjahr 2018 fingierte sie eine Performance im MoMA PS1 und im Spätsommer 2018 einen Angriff der Identitären Bewegung auf die Wiesbaden Biennale.
2019 löste die Frankfurter Hauptschule öffentliche Diskussionen aus, als sie in einer Doppelaktion das Goethe-Haus in Weimar mit Klopapier bewarf und in Köln eine Ausstellung mit Nacktbildern von Kindern eröffneten.
2020 sorgte der inszenierte Diebstahl einer Beuys-Skulptur und deren Überführung nach Tansania als Geste der Restitution kolonialer Beutekunst für ein internationales Echo.
2022 entstand eine Kontroverse, als die Gruppe im Rahmen einer Ausstellung im Aachener Kunstverein einen übergroßen, eisernen Traumfänger mit einem Nazi-Symbol im Ring in eine Kapelle hing, um auf den Zusammenhang von Faschismus und Esoterik hinzuweisen.
Seit dem Wintersemester 2021/22 nimmt die Frankfurter Hauptschule eine Gastdozentur an der Universität der Künste Berlin wahr.