Ehrenamtliche „Kümmerer fürs Kind“ gesucht

bei Georg Kost

Symbolfoto: infopress24.de

ENZKREIS, 09.10.2022 (enz) – Für die Kinder und Jugendlichen sind sie wie ein Schutzengel – nur ohne Flügel. Die Rede ist von „Vormündern“ wie sie offiziell im Gesetz heißen – auch wenn dies etwas angestaubt klingt. Sie tun jedenfalls das, was eigentlich die Aufgabe der Eltern wäre: Sie ergreifen Partei für junge Menschen, sind damit deren „Anwälte im Alltag“ und machen damit weitaus mehr als „Arbeit nach Aktenlage“. „Insgesamt haben derzeit 116 Kinder und Jugendliche im Enzkreis einen solchen Vormund oder besser „Lotsen fürs Leben““, weiß Jugendamtsleiter Wolfgang Schwaab.

Nachdem Mitte dieses Jahres das Gesetz zur Stärkung der Kinder- und Jugendrechte in Kraft trat, wird nun auch zum 1. Januar 2023 das Vormundschaftsrecht, das ebenfalls die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Fokus hat, reformiert. Damit wird der Vorrang der ehrenamtlichen Vormundschaft vor einer Vormundschaft durch das Jugendamt, den es bisher schon gab, nochmals verstärkt. Weichen wir künftig von diesem Grundsatz ab, muss dies im Einzelfall gut begründet werden“, erklärt Schwaab die Neuregelung, die vor allem die Stellung des Mündels mit seinen Rechten weiter in den Vordergrund rücken soll. „Wir als Jugendamt sind also in Zukunft verpflichtet, selbst aktiv nach ehrenamtlichen Vormündern zu suchen.“

„Ein Vormund hat zwar etwas von einem „Schutzengel für das Kind’, aber er fällt nicht vom Himmel“, sagt dazu Sabine Burkhardt-Zeyer, Leiterin des Bereichs Vormundschaften beim Jugendamt des Enzkreises. „Daher schauen selbstverständlich das Familiengericht und das Jugendamt ganz genau hin, wer die Vormundschaft übertragen bekommt.“ Schließlich gehe es um eine enorme Verantwortung: Es müssen die vielfältigen Interessen eines jeden Kindes fest im Blick gehalten und vertreten werden, auch gegenüber dem Jugendamt selbst. In vielen Fällen gebe es jedoch bereits Menschen, denen die Kinder schon vertrauten. „Das können zum Beispiel die Großeltern sein. Deshalb ist es wichtig auch die Kinder zu fragen, wem sie besonders vertrauen und wen sie sich als Vormund wünschen“, beschreibt Burkhardt-Zeyer die Rolle des Jugendamtes.

In jedem Fall kommt auf den Vormund rechtlich all das zu, was sonst die Eltern machen: Er sorgt für eine gute Unterbringung. Das kann in einer Pflegefamilie, in einem geeigneten Heim oder in einer betreuten Wohnung sein. Zudem kümmert er sich um die gesundheitlichen Belange des Kindes und behördlichen Angelegenheiten, stellt Anträge und verwaltet das Geld und sonstiges Vermögen bis die Kinder 18 Jahre alt sind.

„Diese Aufgabe erfordert viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl“, betont Burkhardt-Zeyer. Denn wenn ein Vormund einspringt, hätten die jungen Menschen fast immer vorher Schlimmes erlebt: Krankheit oder Tod der Eltern, Misshandlungen, oder auch wenn Kinder auf der Flucht und ohne ihre Eltern nach Deutschland eingereist sind, entscheide sich das Familiengericht dafür, die Verantwortung teilweise oder ganz in die Hände eines Vormunds zu legen.

Besonders wichtig sei daher, dass der Vormund sich Zeit für das Kind nehmen könne. Monatliche Besuche seien sogar vorgeschrieben. „Denn die persönlichen Gespräche sind wichtig. Genauso wie der regelmäßige Griff zum Telefon. Reden und zuhören – das ist das A und O. Der Draht zwischen Kind und Vormund sollte möglichst kurz sein. Denn Entscheidungen über den Kopf des Kindes hinweg sind selten gut“, wissen Schwaab und Burkhardt-Zeyer aus Erfahrung. Je älter ein Kind werde, desto mehr sollte es auch direkt mitentscheiden, sind beide überzeugt und motivieren: „Wer sich vorstellen kann, diese verantwortungsvolle Aufgabe zum Wohle eines Kindes oder Jugendlichen zu übernehmen, kann sich gerne per E-Mail an ehrenamtliche.vormundschaften@enzkreis.de oder unter Telefon 07231 308-9380 bei uns melden. Eine Infoveranstaltung für Bürgerinnen und Bürger, bei der die Experten des Jugendamtes Interessierten Rede und Antwort stehen, ist zudem für den 16. November bereits in Planung.