
Hat der Hühnervogel überhaupt noch eine Zukunft , dieser Frage gingen Nena Raabe, (Mitte) und Sofie Bloß, der am Freitag rund um Neuhausen stattgefunden Exkursion nach. Foto: Georg Kost
NEUHAUSEN-STEINEGG, 21.09.2025 – Ein Sommerabend im Biet, die Sonne steht noch hoch über den Felder, Streuobstwiesen und Hecken, während eine kleine Gruppe langsam vom „Zeilweg“ beim Friedhof in Steinegg aus hinaufzieht in Richtung Neuhausen. Ziel der Exkursion ist nicht nur die Bewegung in der Natur sondern die Spurensuche inmitten von Wiesen, Hecken und Feldsäumen – auf den Wegen des Rebhuhns, eines Vogels, der einst alltäglich war und heute fast verschwunden scheint.
Die Einladung kam vom Landschaftserhaltungsverband (LEV) Enzkreis und der Wildtierbeauftragten des Landkreises. Etwa zehn Interessierte sind an diesem Abend zusammengekommen: Jäger, Naturschützer und Bürger, die sich der Frage stellen wollen, ob der scheue Hühnervogel überhaupt noch eine Zukunft hat. Geführt wird die Gruppe von Nena Raabe, stellvertretende Geschäftsführerin des LEV, und Sofie Bloß, Forstingenieurin und Wildtierbeauftragte beim Landratsamt Enzkreis.
Ein Vogel im Rückzug
Schon auf den ersten Höhenmetern macht Bloß deutlich, wie sehr das Rebhuhn zum Sinnbild für den Wandel in der Landschaft geworden ist. Früher galt es als vertrauter Begleiter der Felder, ein Kulturfolger, der sich zwischen Äckern und Hecken wohlfühlte. Doch seit den 1990er-Jahren hat sich das Bild dramatisch verändert: ausgeräumte Fluren, fehlende Feldraine, hoher Pestizideinsatz – das alles hat dem kleinen Hühnervogel den Lebensraum genommen.
Während die Gruppe zwischen Äckern und Hecken unterwegs ist, weist Nena Raabe auf die Bedeutung dieser Landschaftsstrukturen hin. Ein dichter Saum hier, ein blühender Wiesenstreifen dort – kleine Elemente, die zusammengenommen entscheidend sein können. Genau diese Vielfalt brauche es, damit Arten wie das Rebhuhn eine Chance haben.
Ein Hoffnungsschimmer
Dass die Suche nicht aussichtslos ist, zeigte eine Beobachtung im Frühjahr. Bei der offiziellen Zählung der Wildforschungsstelle der Landesanstalt für Landwirtschaft (LAZBW) konnte im Gebiet von Neuhausen tatsächlich ein Rebhuhn nachgewiesen werden. Für Raabe ist das ein Signal, das Mut macht: Der LEV wolle die Spur aufnehmen, Netzwerke mit weiteren Partnern stärken und 2026 erneut mit dem Monitoring starten.
Die Schritte der Gruppe führen weiter hinauf zu den Biethöhen, unweit der St.-Wendelin-Kapelle. Die Landschaft öffnet sich, Hecken – im positiven Sinne als auch negativem wechseln sich mit Feldern ab – genau jene Strukturen, die das Rebhuhn braucht, um Deckung, etwa vor Greifvögeln zu finden und Nahrung aufzunehmen. Doch trotz gespannter Aufmerksamkeit bleibt es an diesem Abend still. Kein Ruf, kein Flügelschlag, nur ein Reh beobachtet die Gruppe aus sicherer Entfernung.

Auf den Spuren des Rebhuhn: Die Wildtierbeauftragte beim Landratsamt Enzkreis Sofie Bloß (dritte von rechts) und Nena Raabe, (links) liefern im Rahmen einer Exkursion interessante Einblicke. Foto. Georg Kost
Landschaftspflege als Schlüssel
Für den LEV Enzkreis ist die Arbeit mit solchen Exkursionen eng verbunden. Der Verband versteht sich als Dienstleister zwischen Gemeinden, Landwirten und Naturschutzverbänden. Seit seiner Gründung 2014 geht es um die Erhaltung von Kulturlandschaften, die nicht nur das Bild des Enzkreises prägen, sondern auch für die Biodiversität unverzichtbar sind.
Raabe betont, dass Projekte wie Heckenpflanzungen, die Pflege von Mähwiesen, der Erhalt von Streuobstbeständen oder das Offenhalten von Flächen weit mehr seien als landschaftliche Kosmetik. Sie sind Teil der Natura-2000-Verpflichtungen und tragen dazu bei, bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu sichern – darunter auch das Rebhuhn.
Zwischen Seltenheit und Chance
Als die Sonne langsam hinter den Hügeln versinkt, macht sich die Gruppe wieder auf den Rückweg. Ein Rebhuhn hat sich nicht gezeigt. Doch die Erklärungen von Nena Raabe und Sofie Bloß, die Hinweise auf Lebensräume und die Erinnerung an den gesicherten Nachweis im Frühjahr lassen den Abend nicht ohne Hoffnung enden. Der Fortbestand des Rebhuhns ist fragil. Nur eine reich strukturierte Landschaft gibt ihnen langfristig Halt.
Die Exkursion macht deutlich: Jeder kleine Beitrag – ein Feldrain, eine Blühfläche, eine neu gepflanzte Hecke – ist Teil eines größeren Ganzen. Und vielleicht wird eines Tages wieder häufiger das markante „kirräck“ über die Felder im Biet und im Enzkreis klingen.