
Foto: Stadt Pforzheim: Emma Teuscher
PFORZHEIM, 24.10.2025 (pm) – Am Mittwoch, 22. Oktober, fand die Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Deportation der jüdischen Bürgerinnen und Bürger Pforzheims nach Gurs an der Gedenkstätte am ehemaligen Hauptgüterbahnhof, im Beisein der Landtagspräsidentin von Baden-Württemberg, Muhterem Aras, sowie des Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, statt. Im Mittelpunkt stand die feierliche Einweihung der im Auftrag der Jüdischen Gemeinde neu gestalteten Gedenkstätte auf dem neu benannten „Platz des 22. Oktober 1940“. Mit dem von Architekt Peter W. Schmidt entworfenen Mahnmal wird an alle nach Gurs deportierten Kinder, Frauen und Männer aus Pforzheim namentlich erinnert.
„Möge dieses Denkmal uns allen deutlich vor Augen führen, dass Erinnerung und Verantwortung Hand in Hand gehen. Lassen Sie uns gemeinsam der Opfer gedenken und dafür sorgen, dass die Lehren aus der Vergangenheit in unserem täglichen Handeln lebendig bleiben“, so Oberbürgermeister Peter Boch bei der Einweihung.
In diesem Jahr nahmen Nachfahren von Opfern der Deportation, die aus Israel und den USA anreisten, an der Gedenkveranstaltung teil. Ihre Anwesenheit verlieh dem Gedenken eine unmittelbare Verbindung zur Geschichte und machte die Folgen der Deportationen auch für kommende Generationen greifbar. Die Anwesenden hatten die Möglichkeit zum Austausch mit den Angehörigen, in dem persönliche Geschichten geteilt, Fragen gestellt und Erinnerungen bewahrt werden konnten.
Die Veranstaltung wurde durch musikalische Beiträge des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim und des Chors der Jüdischen Gemeinde begleitet. Der Gedenktag wird jedes Jahr von der Jüdischen Gemeinde Pforzheim in Zusammenarbeit mit der Stadt Pforzheim organisiert.
Das neue Denkmal am „Platz des 22. Oktober 1940“
Das Denkmal zum 22. Oktober 1940 erinnert an die Deportation der jüdischen Menschen Pforzheims nach Gurs und ermöglicht das namentliche Gedenken. Das Denkmal ist ein sichtbares Zeichen der Erinnerung an das von Deutschen vor 85 Jahren hier in Pforzheim begangene Unrecht und seine Opfer. Verbunden mit der Erinnerung ist die Mahnung für die Gegenwart, nie wieder solches Unrecht zuzulassen. Das Denkmal – gemeinsam initiiert von der jüdischen Gemeinschaft und der Stadtgesellschaft – ist ein wichtiges Signal für die gegenseitige Achtung und den Zusammenhalt in Pforzheim.
Die sechs Meter hohe Säule besteht aus dunklem Sichtbeton mit einem Davidstern als Symbol des Judentums und einer auf Sichthöhe angebrachten Gravurfläche mit den Namen der Deportierten. Neben den Namen der in Gurs internierten Pforzheimerinnen und Pforzheimer werden auch die der ebenfalls von Pforzheim aus nach Gurs deportierten Jüdinnen und Juden aus Königsbach genannt. Eine Infotafel mit QR-Code verweist auf digitale Informationen zu den Biografien der Menschen unter https://www.pforzheim.de/mahnmal-deportation-1940. Die Stadt Pforzheim beteiligte sich mit 20.000 Euro an den Kosten, der Rest wurde durch Spenden finanziert. Die Umsetzung des Denkmals wurde mit großer Mehrheit im Gemeinderat beschlossen und schließlich durch das Architekturbüro Peter W. Schmidt Architekten durchgeführt.
Hintergründe
Vor 85 Jahren, am 22. und 23. Oktober 1940, wurden über 6.500 Menschen jüdischen Glaubens aus den früheren NS-Gauen Baden und Saarpfalz von den Nationalsozialisten in das französische Internierungslager Gurs nach Südfrankreich verschleppt. 202 von ihnen kamen aus Pforzheim. Viele starben aufgrund der menschenunwürdigen Lebensbedingungen im französischen Internierungslager oder wurden von Gurs aus in die deutschen Vernichtungslager im Osten gebracht und dort ermordet. Nur sehr wenige Deportierte überlebten und konnten sich von Gurs in die Emigration retten. Die Deportation nach Gurs bildete den Auftakt der systematischen Vertreibung und Ermordung der jüdischen Deutschen, noch bevor diese Vernichtungspolitik gegenüber den europäischen Juden 1942 auf der Wannseekonferenz beschlossen wurde.
