50 Jahre Enzkreis

Wo knackige Unikate wachsen - Streuobstwiesen im Enzkreis

bei Georg Kost

Renette von Serres ist eine der alten Apfelsorten, die noch im Enzkreis wachsen. Foto LRA Enzkreis Sebastian Seibel

ENZKREIS, 01.10.2023 (enz) –  Man sieht es ihr auf den ersten Blick nicht an, und doch ist sie etwas Besonderes, die Renette von Serres. Der Apfel ist ein Unikat im Enzkreis. Einzig hier, auf den Streuobstwiesen rund um die ehemalige Waldensersiedlung bei Wiernsheim, wächst diese alte Apfelsorte, die sich durch ihr besonderes Aroma und die knackige Frische von anderen Äpfeln der Region unterscheidet.
Auch der Piemonteser Sämling, in Serres „der Ewige“ genannt, ist eine Apfelsorte, die nur hier wächst. Der Beiname verweist darauf, dass man diesen Apfel erst nach dem ersten Frost erntet, als letzte Apfelsorte des Jahres. „Diese heimischen Sorten erleben gerade ein kleines Revival“, erzählt Cornelia Schuler, die sich intensiv mit der Geschichte des Ortes und seines Obstes beschäftigt. Jüngere Menschen fragen gezielt nach den alten Obstsorten und pflanzen junge Bäume, die den Bestand der heimischen Sorten sichern.

Sie freuen sich über das wachsende Interesse junger Menschen im Enzkreis an den alten Obstsorten: Cornelia Schuler aus Serres und Bernhard Reisch vom Landwirtschaftsamt des Enzkreises. Hier halten sie einige Exemplare der Sorte Renette von Serres in den Händen. Foto: LRA Enzkreis, Sebastian Seibel

Alte Obstsorten sind gefragt
Das bestätigt auch Bernhard Reisch vom Landwirtschaftsamt des Enzkreises. Regionales und möglichst naturbelassenes Obst sei bei der jüngeren Generation beliebt, auch wenn das Mühe koste. „Denn Obstbäume muss man pflegen und erziehen“, erläutert er. Während man Laubbäume frei wachsen lassen kann, benötigen Bäume, die Früchte tragen, Auslichtungs- und Pflegeschnitte, weil sie sonst die Last des Fruchtgewichts gar nicht tragen könnten oder dann im Folgejahr keine Blüten mehr anlegen.
Gerade bei Menschen, die auf Äpfel allergisch reagieren, sind die alten Apfelsorten sehr gefragt. „Allergiker können unsere heimischen alten Sorten oft essen“, sagt Reisch. An den Streuobstmärkten, die jährlich im Herbst stattfinden, herrscht deshalb immer reges Interesse. Auch das Obstsortenmuseum in Kieselbronn ist für viele ein beliebtes Ausflugsziel, bei dem es viel zu sehen, riechen und entdecken gibt.

Vom Apfel zum Apfelkuchen
„Alte Apfelsorten wie der Boskop sind ideal zum Kuchenbacken“, betont Siegrun Stütz aus Straubenhardt. Seit 2013 begeistert sie unter dem Namen „TortenSpitze“ Menschen im Enzkreis und darüber hinaus mit Kuchen aus natürlichen und möglichst regionalen Zutaten und liebevoll verzierten Torten. „Der Boskop als mürber Apfel mit seiner ausgewogenen Säure kann sich geschmacklich in einem Kuchen optimal entfalten“, erläutert die Konditorin.
So etwa im Florentiner Apfelkuchen: einer raffinierten Kombination aus Mürbeteig, einer großzügigen Apfelschicht, überzogen mit angerösteten Mandeln in Honig und Sahne. Die Apfelsorten, die als Tafeläpfel im Supermarkt verkauft werden, sind in der Regel knackig und eignen sich nicht so gut zum Backen.

Drei Tipps hat die passionierte Konditorin, wenn der Apfelkuchen perfekt gelingen soll. Zum einen empfiehlt sie, die geschälten Äpfel vor dem Verarbeiten in Zitronensaft einzulegen und gut durchziehen zu lassen. Zum anderen ist eine Prise Ingwer im Apfelkuchen ihr Geheimtipp, um eine besondere Note in den klassischen Kuchen zu zaubern. Und zu guter Letzt müsse man beim Backen Zeit mitbringen: „Muße trägt zum Gelingen bei“, ist Siegrun Stütz sich sicher.

 

Alte Apfelsorten eignen sich zum Kuchenbacken ganz besonders, wie die Expertin Siegrun Stütz aus Straubenhardt-Schwann bekräftigt. Hier hat sie einen leckeren Florentiner Apfelkuchen mit der Sorte Boskop gebacken.
Foto: LRA Enzkreis; Sebastian Seibel

Rezept – „Florentiner Apfelkuchen“
Die Äpfel in dünne Apfelspalten schneiden, mit Zitronensaft beträufeln und ziehen lassen. Mürbeteig in einer runden Backform auslegen und mit süßen Biskuitbröseln oder Löffelbiskuit bestreuen. Die Äpfel doppelschichtig auflegen und mit Zimt einpudern. Für die Florentiner Masse 90 Gramm Zucker, 75 Gramm Honig, 150 Gramm Butter in einer größeren Pfanne unter Rühren verschmelzen. 200 Gramm gehobelte Mandeln dazu geben und unter Rühren weiter köcheln lassen. Danach noch 150 Gramm süße Sahne dazu geben und weiterköcheln, bis die Masse eine sämige Konsistenz hat. Anschließend die Masse auf den Äpfeln zügig verteilen und im vorgeheizten Backofen bei ca. 175° etwa 43 Minuten backen.