
Menschenverstand und Eigenverantwortung lässt sich nicht verordnen, sagt der TSV Vorsitzende Uwe Carl. Foto: Georg Kost
TIEFENBRONN-MÜHLHAUSEN, 08.07.2025 (rsr) – Wenn vom 11. bis 26. Juli der traditionsreiche Biet-Fußballpokal beim TSV Mühlhausen ausgetragen wird, verwandelt sich das Sportgelände im Würmtal wieder in einen Anziehungspunkt für Sportfans, Familien und Ehrenamtliche. Eingebettet ist das Fußballturnier in ein umfangreiches Programm mit Jugendwettbewerben, Volleyball, Radtouren, Boule, Hobby Horsing, Freizeitsport und geselligen Veranstaltungen. Doch in diesem Jahr steht die Veranstaltung auch unter einem neuen Vorzeichen: Der Musterhitzeschutzplan des Bundesgesundheitsministeriums wirft Fragen auf – organisatorisch, aber auch gesellschaftlich.
Denn was gut gemeint ist, bringt neue Herausforderungen mit sich. Der Plan sieht Maßnahmen zum Schutz von Sportlern und Besuchern bei großer Hitze vor – etwa Trinkpausen, Schattenplätze und Hinweise zur Eigenverantwortung.
Besonders kontrovers diskutiert wird die Empfehlung, bei Hitze auf Alkohol und Grillangebote zu verzichten oder auch, ob und wann Wettkämpfe bei extremer Hitze abgesagt oder verschoben werden können.
„Das klingt vernünftig, ist aber für uns als Veranstalter kaum umsetzbar“, sagt Uwe Carl, Vorsitzender des TSV Mühlhausen. „Grillstand und Bierwagen gehören einfach dazu – nicht zuletzt zur Finanzierung.“
Veranstaltungen zwischen Wetter, Aufwand und Verantwortung

Schattenplätze und Hinweise zur Eigenverantwortung. Symbolfoto: infopress24.de/privat
Die Fußballspiele finden meist in den späten Nachmittags- oder Abendstunden statt, wenn die größte Hitze bereits nachlässt. Zudem stehen an der Würmtalhalle, dort wo es Volleyballangebote während des Sportfestes gibt, ausreichend Schattenplätze zur Verfügung.
Uwe Carl weist außerdem auf die überdachte Zuschauer-Tribüne am Neunzehn03 und auf die Schattenplätze am nahegelegenen Waldrand beim Sportplatz hin.
Auch Trinkpausen während der Spiele seien schon lange Standard, so Carl weiter. Dennoch stelle sich die Frage: Wie weit reicht die Verantwortung des Vereins – und wo beginnt die des Einzelnen? Carl bringt es auf den Punkt: „Menschenverstand lässt sich nicht verordnen.“ Gleichzeitig betont der Vereinschef die Bedeutung der Veranstaltung für das Vereinsleben: „Wir sind darauf angewiesen, dass Besucher kommen, konsumieren – und wir mit den Einnahmen unsere Angebote aufrechterhalten können.“
Der Sportverein stemmt über das Jahr hinweg ein breites Programm für alle Altersklassen – vom Kindersport bis zur Seniorenfitness. Ohne Einnahmen aus Veranstaltungen wie dem Bietpokal wäre das nicht möglich.

Schattenplätze sind beim TSV Mühlhausen genügend vorhanden, etwa auf der überdachten Zuschauer-Tribüne am Neunzehn03. Archivfoto: Georg Kost
Ehrenamtlich am Anschlag
Was die Vereinsverantwortlichen zusätzlich beschäftigt, ist die Situation des Ehrenamts. Die Durchführung der Sportwochen erfordert viele helfende Hände – für Aufbau, Bewirtung, Organisation. Doch gerade hier wird es immer schwieriger. „Viele Menschen ziehen sich ins Private zurück. Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, sinkt merklich“, so Carl, der am vergangen Sonntag mit der Ehrennadel in Gold der Gemeinde Tiefenbronn für mittlerweile 42 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit im TSV Mühlhausen von Bürgermeister Frank Spottek geehrt wurde.
Der gesellschaftliche Wandel sei spürbar – das „Ich“ gewinne gegenüber dem „Wir“ zunehmend die Oberhand, sagt Carl. Dabei sei eine Veranstaltung wie die am Wochenende und dem darauffolgenden weit mehr als nur ein sportliches Event: Es seien Orte der Begegnung, die Gemeinschaftssinn fördern und Generationen verbinden. Gerade in ländlichen Regionen seien sie Teil des sozialen Kitts, das kein staatliches Programm ersetzen könne, ist sich der TSV Vorsitzende sicher.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Doch genau hier entsteht ein Dilemma: Auf der einen Seite sinnvolle Schutzmaßnahmen und gesellschaftliche Forderungen, auf der anderen Seite schwindende Ressourcen – personell wie finanziell. Empfehlungen wie der Hitzeschutzplan geraten dabei schnell zum bürokratischen Hemmschuh, wenn sie in der Praxis kaum noch umsetzbar sind. „Wir erleben zunehmend, dass sich der Aufwand für Vereine vervielfacht“, sagt Carl. „Hygienekonzepte, Datenschutz, jetzt Hitzeschutz – das ist alles verständlich, aber es fehlt oft der Blick für die Realität vor Ort.“ Gerade ehrenamtlich geführte Vereine bräuchten nicht nur Anerkennung, sondern auch Entlastung und Vertrauen.

Ehrenamtliche Vereinsarbeit ist für den Erhalt der Vereine unerlässlich. Archivfvoto: infopress24.de/privat
Ein Appell an Politik und Gesellschaft
Das Beispiel des TSV Mühlhausen steht stellvertretend für viele Sportvereine im Land: Sie leisten Tag für Tag einen immensen Beitrag für das soziale Miteinander. Doch das System droht zu kippen, wenn immer neue Anforderungen gestellt werden, ohne die nötige Unterstützung mitzuliefern. Die Frage, die bleibt: Wie viel Bürokratie verträgt das Ehrenamt? Und wie kann gesellschaftliches Engagement langfristig gestärkt werden?
Ohne Ehrenamt – das zeigt sich in Mühlhausen ganz konkret – ist Vereinsleben nicht denkbar. Und ohne funktionierende Vereine bleibt das Gemeinschaftsgefühl auf der Strecke.
Mit dem Bietpokal und den Sportwochen steht der TSV Mühlhausen vor einer großen organisatorischen Aufgabe – und zeigt, was in einem Dorfverein mit viel Einsatz möglich ist. Doch der Spagat zwischen Sicherheit, Eigenverantwortung und Ehrenamt wird immer größer.
Ein kritischer Blick auf gesetzliche Vorgaben, aber auch auf das gesellschaftliche Miteinander ist dringend geboten. Denn eines ist klar: Ohne das Engagement vieler Freiwilliger bleibt am Ende nicht nur der Sport auf der Strecke – sondern auch das, was eine lebendige Gemeinschaft ausmacht.