Klima und Wald

Wie könnten die Wälder von morgen aussehen?

bei Georg Kost

Wie könnten die Wälder von morgen aussehen?  Archivfoto: infopress24.de

ENZKREIS, 05.07.2023 (enz) – Die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels sind in den heimischen Wäldern bereits zu spüren. Der Wald wird sich verändern müssen – zum Teil von selbst, zum Teil in der hohen Änderungsgeschwindigkeit durch uns Menschen unterstützt. „Mehr Laubbäume, vielfältigere Baumarten, niedrigere Bäume, lichter und strukturreicher“ – so fasst Dr. Axel Albrecht, stellvertretender Leiter des Forstamts, die Tendenzen zusammen.

„Unsere Wälder von morgen dürften deutlich höhere Anteile von Laubbäumen aufweisen, weil die tendenziell besser an wärmere und trockenere Wachstumsbedingungen angepasst sind als die meisten Nadelbäume“, sagt der habilitierte Forstwissenschaftler. Das bedeute nicht, dass Nadelbäume ganz verschwinden: „Auch in 100 Jahren wird es bei uns noch Fichten und Tannen geben, nicht zuletzt, weil sie sich von selbst wieder ansamen.“ Aber ihr Anteil an der gesamten Waldfläche werde abnehmen.

Wichtig sei eine große Vielfalt an Baumarten, sagt Albrecht, denn dadurch erhöhe sich auch die Vielfalt der Lebensbedingungen anderer Pflanzen- und Tierarten, die auf Bäume als Lebensraum angewiesen sind. „Dadurch steigt der naturschutzfachliche Wert der Wälder.“ Gleichzeitig sinke das Risiko, ganze Wälder zu verlieren, wenn beispielsweise ein baumartenspezifischer Krankheitserreger neu auftritt: „In Mischwäldern sterben dann die befallenen Baumarten, aber die anderen überleben. Der Wald insgesamt bleibt erhalten. Kurz: Die Mischung macht’s“, so der Fachmann.

Mediterrane Wälder: Weniger hoch, weniger dicht
„Bei zunehmendem Dürrestress könnten Bäume in Zukunft nicht mehr so hoch werden“, vermutet Axel Albrecht. Der Grund sei schlicht physikalischer Natur: „Es ist eine große Kraft nötig, um Wasser in 40 Meter hohe Baumkronen zu pumpen.“ Zu sehen sei die Veränderung bereits jetzt bei Buchen: „In den zurückliegenden Dürrejahren sind die Kronen von oben und außen beginnend einfach vertrocknet, weil Wasser fehlt.“

„Wenn wir uns Wälder in Regionen vorstellen, in denen heute das Klima herrscht, das wir in Zukunft hier bei uns erwarten, denken wir vielleicht an Pinienhaine, an mediterrane Hartlaub- oder an Zerreichenwälder“, sagt Albrecht: „Niedrigere Bäume, lichte Wälder, und diese Baumarten kommen gut mit hohen Temperaturen und Trockenheit aus, besonders im Sommer.“ Die Vermutung liege deshalb nahe, dass Wälder auch bei uns in Zukunft etwas lichter werden könnten.

Albrecht hält es zudem für denkbar, dass die Wälder strukturreicher werden: „Das heißt, dass kleine und große Bäume nebeneinanderstehen, dass es hier eine Lichtung gibt, dort eine Dickung.“ Waldränder könnten stufig aufgebaut sein oder entlang größerer Waldwege Sträuchern und Lichtbaumarten passende Wachstumsbedingungen bieten. „Dieser höhere Strukturreichtum hilft, besser auf Störungen reagieren zu können als einförmige Wälder, und das aus eigener Kraft. Strukturreiche Wälder sind plastischer und widerstandsfähiger“, fasst Albrecht zusammen.

Andere Arten, niedrigere Bäume, mehr Struktur – all dies seien lediglich Wahrscheinlichkeiten, sagt Axel Albrecht. In jedem Fall aber gingen die Änderungen langsam vonstatten: „Die Verschiebung von Baumarten-Anteilen kann viele Jahrzehnte dauern.“ Der Wandel sei wegen des hohen Lebensalters von Waldbäumen ein langsamer Prozess: „Es wird nicht einfach eine Baumart durch eine andere ersetzt werden, sondern die Mischungsverhältnisse werden verschoben und erweitert.“

Wer mit Dr. Axel Albrecht ins Gespräch kommen, Fragen stellen oder mit ihm diskutieren möchte, hat dazu die Gelegenheit beim Waldspaziergang am kommenden Samstag (8. Juli) um 9:30 Uhr in Engelsbrand; Anmeldungen nimmt das Forstamt entgegen per E-Mail an forstamt@enzkreis.de.