Festakt 750 Jahre Lehningen  

Am Wochenende wird in Lehningen gefeiert

bei Georg Kost

“Landesfürst” Landrat  Bastian Rosenau (links) gratulierte  Bürgermeister Frank Spottek zum Jubiläum. Foto: infopress24.de

TIEFEBRONN, 08.07.2022 (rsr/pm) – Das Jahr 2022 ist in der Gemeinde Tiefenbronn ein großes Jubiläumsjahr. Neben dem 50-jährigen Gemeindejubiläum wird im Ortsteil Lehningen am Wochenende auf eine 750-jährige Geschichte zurückgeblickt.
Mit einem kleinen Festakt im Rahmen des Brunnenfestes des OGV Lehningen wurden am Abend die Feierlichkeiten im Bürgerhaus eröffnet.


Den Festgästen wurde ein kurzweiliges und gleichermaßen informatives wie unterhaltsames Programm geboten. Bürgermeister Frank Spottek hob in seiner Festansprache die Entwicklung des kleinesten Tiefenbronner Ortsteil hervor, Gabriele Geikowski entführte die Zuhörer ins nahegelegen Naturschutzgebiet Büchelberg, während  Dr. Dieter Leicht die geschichtlichen Aspekte vorstellte und Dr. Wolfgang Sturm in einem musikalisch untermalten Bildervortrag die zeitlichen Epochen des Ortsteils mit der Weltgeschichte gegenüberstellte. Als Landesfürst überraschte Landrat Bastian Rosenau. Den musikalischen Part übernahm der Projektchor des Männergesangverein Erinnerung Lehningen sowie das Bläserensemble „ d`ganz kloine Bloos“.

Festakt 750 Jahre Lehningen mit dem Projektchor des MGV Erinnerung Lehningen. Foto: infopress24.de

Das Jubiläumsprogramm:
Am Samstag, 09.Juli feiern die Lehninger Gugguge ihr Jubiläum 11+1 . Ab 19.30 spielt die Band „Beer oft the Dark“ und gegen 21:30 Uhr legt DJ LAZ auf. (OGV Vereinsgelände)
Am 10. Juli beginnt das Programm um 10:00 Uhr mit einem Gottesdienst in der Katholischen Kirche St. Otilia und wird auf dem Festgelände mit dem Fassanstich um 11:00 Uhr fortgeführt. Am Nachmittag startet ab 14:00 Uhr ein buntes Kinderprogramm sowie eine geführte Wanderung rund um Lehningen (14:30 Uhr).

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Der Ortsteil Lehningen blickt auf eine beeindruckende 750-jährige Geschichte zurück
Nach einem Schenkungsbuch des Klosters Hirsau existierte bereits um das Jahr 1000 ein hier ansässiger Ortsadel, der in einem schriftlichen Nachweis des Klosters Herrenalb vom Jahre 1272 als “Herren von Loningen” seine erste urkundliche Erwähnung findet.

Lehningen liegt südöstlich von Pforzheim am Rande des Altsiedellandes gegenüber dem lange Zeit unerschlossenen Schwarzwald und wurde als wohl einer der spätesten Orte mit “-ingen-Endung” von Merklingen aus gegründet. Die erste überlieferte urkundliche Erwähnung datiert auf das Jahr 1272
an lässlich einer Schenkung der Witwe Werners von “Loningen” an ihren Sohn Konrad beim Eintritt in das Kloster Herrenalb.

Der örtliche Niederadel erlosch im 15. Jahrhundert beziehungsweise ging in der Bürgerschaft von Weil der Stadt auf. Der Flurname “Burgheide” weist eventuell auf eine abgegangene Burg hin. Nachdem die Herren von Stein bereits 1407 den größten Teil ihrer Besitzungen an Dietrich V. von Gemmingen, der einer Nebenlinie eines Rittergeschlechts aus dem gleichnamigen Ort im heutigen Landkreis Heilbronn entstammt, verkauft hatten, gelangten durch einen Teilungsvertrag im Jahr 1425 auch die Orte Lehningen und Neuhausen in gemmingischen Besitz.

Im Jahr 1439 erwarb Markgraf Jakob I. von Baden die Orte Lehningen und Neuhausen vonDietrich VI. vonGemmingen, der diese 1461 mit dem Schloss Steinegg als Verwaltungssitz wieder zu Lehen erhielt. Nach einer Verpfändung der Orte Lehningen, Neuhausen und Mühlhausen an das Kloster Herrenalb erwarb Dietrich VIII. von Gemmingen um 1480 die Dörfer wieder zurück. Lehningen zählte damit für Jahrhunderte mit sieben weiteren Dörfern (Tiefenbronn, Mühlhausen, Neuhausen, Hamberg, Schellbronn, Steinegg und Hohenwart) zu dem von seiner Umgebung weitgehend abgesonderten Gemmingischen Gebiet, dem sogenannten “Biet”.

Die Sonderstellung rührte auch daher, dass diese Dörfer mit ihrer Ortsherrschaft katholisch blieben, während die umliegenden badischen und württembergischen Orte während der Reformation evangelisch geworden waren. Dietrich VIII. und Otto der Jüngere teilten 1518/19 die Herrschaft Gemmingen-Hagenschieß nach dem Tode Dietrichs VII. in die beiden Linien Gemmingen-Steinegg-Tiefenbronn (Dietrich) und die Lehningen zugehörige Linie Gemmingen-Heimsheim-Mühlhausen (Otto).

Im 17. Jahrhundert hinterließen der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) wie auch der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688-1697) auch in Lehningen Spuren: dezimierte Bevölkerungszahlen, verwüstete Äcker und Felder. Nach weiteren Aufspaltungen und Vereinigungen führte Julius von Gemmingen als Reichsfreiherr von Gemmingen-Hagenschieß ab 1805 die drei Linien Tiefenbronn, Steinegg und Mühlhausen wieder in einer Hand.

Ein langwährender Zwist um Reichsunmittelbarkeit der von Gemmingen beziehungsweise landesherrliche Ansprüche der Markgrafen von Baden wurde erst im Zeitalter der Napoleonischen Neuordnung der politischen Verhältnisse im deutschen Südwesten entschieden und das Gemmingische Gebiet dem Großherzogtum Baden zugeschlagen. Dieses beschnitt nach und nach auch die der Grundherrschaft belassenen Steuerrechte. Julius von Gemmingen siedelte 1834/35 nach Stuttgart über und seine Söhne Eduard und Gustav sahen sich im Jahr 1839 zum endgültigen Verkauf ihres gesamten Besitzes an das Großherzogtum Baden gezwungen. Seitdem war Lehningen eine vollständig zum badischen Bezirksamt beziehungsweise ab 1939 zum Landkreis Pforzheim gehörige Gemeinde.

Missernten in den 1850er-Jahren führten zu großer Not, zumal das Dorf mit damals rund 340 Einwohnern fast ausschließlich von der Landwirtschaft lebte. Mit der aufsteigenden Industrie der Stadt Pforzheim verbessertesich die wirtschaftliche Lage wieder und zahlreiche Pendler traten täglich den Weg nach Pforzheim und zurück an. Die schlechte Verkehrsanbindung allerdings bewirkte den Wegzug vieler Menschen und im Jahr 1939, als die Einwohnerzahl nur noch 237 betrug, war das Dorf noch immer kleinbäuerlich geprägt. Im April 1945 gab es durch den Beschuss der Allierten nicht nur beschädigte Gebäude, sondern auch je sechs tote Zivilisten und Soldaten zu beklagen. Durch den Zuzug von Heimatvertriebenen stieg die Bevölkerungszahl von342 Einwohnern im Jahr 1950 auf 432 im Jahr 1970 wieder an und machte die Erschließung von Baugebieten seit den 1960er-Jahren notwendig. Im Zuge der Gemeindereform ist Lehningen seit 01. Januar 1972 ein Ortsteil der Gemeinde Tiefenbronn und gehört seit 1973 dem neugebildeten Enzkreis an. Bei der Eingemeindung lebten 545 Menschen in Lehningen, die Bevölkerungszahl beträgt im Jubiläumsjahr 2022 1.164 Einwohner.

Die katholische Kirche Sankt Ottilien in Lehningen wurde um 1500 im gotischen Stil erbaut. Die katholische Gemeinde war jedoch bis 1929 der Pfarrei Neuhausen zugehörig und ist seitdem nach Mühlhausen eingepfarrt. Als im Jahre 1823 Julius von Gemmingen mit dem katholischen Mühlhausener Pfarrer Alois Henhöfer zum Protestantismus übertrat, folgten ihnen auch zahlreiche Gläubige aus Lehningen. Das alte Gemmingische Schloss in Mühlhausen diente als evangelischer Kirchen- und Schulsaal sowie als Pfarr- und Lehrerwohnung. Einen eigenen Friedhof erhielt Lehningen erst 1843, davor fanden die Beerdigungen in Neuhausen statt.

Ausführlichere Angaben zur Ortsgeschichte der Gemeinde Lehningen bietet “Das Buch von Tiefenbronn” von Hubert Lindner aus dem Jahr 1990 sowie der neue „Ortsführer durch Tiefenbronn, Mühlhausen und Lehningen“ aus dem Jahr 2020 von Frau Susanne Kaiser-Asoronye und Herrn Dr. Dieter Leicht. Diese sind auf dem Rathaus erhältlich.
Quelle: Gemeinde Tiefenbronn