Wolfriss in Weil der Stadt hat sich nicht bestätigt

Beprobungen ergeben keine typischen Merkmale, die für die Einwirkung durch einen Wolf sprechen

bei Georg Kost

Symbolfoto: privat

BÖBLINGEN/WEIL DER STADT, 22.05.2023 (pm) – Der zuletzt als Verdachtsfall gemeldete Riss eines Rehs bei Weil der Stadt-Merklingen lässt sich nicht gesichert auf einen Wolf zurückführen. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) hat das Ergebnis mitgeteilt. Demnach sei es „nicht möglich, eine Aussage über die Todesursache zu treffen“; es lägen jedoch keine typischen Merkmale vor, die für die Einwirkung durch einen Wolf sprechen, so die Einschätzung der Behörde.
Das tote Reh war am 26. April als Verdachtsfall gemeldet worden, nachdem die zuständige Jagdpächterin das Tier aufgefunden hatte. Im März war schon einmal ein totes Reh mit Verdacht auf einen Wolfsriss gemeldet worden, ebenfalls aufgefunden auf Markung Weil der Stadt; damals hatte die Beprobung einen Wolf als Verursacher bestätigt.

„Wenn uns ein Verdachtsfall gemeldet wird, erfolgt eine erste Inaugenscheinnahme durch den Wildtierbeauftragten Bastian Junghans; bestätigt er den Verdacht, geht Probenmaterial zur Untersuchung an die FVA“, erklärt Reinhold Kratzer, Leiter des Amts für Forsten. Die Förster im Landkreis Böblingen halten verstärkt die Augen offen, um – wie im Fall des aufgefundenen Rehs – schnell aktiv werden zu können. Kratzer bittet darum, sich in Verdachtsfällen beim Landratsamt zu melden. Kontaktdaten des Wildtierbeauftragten Bastian Junghans: b.junghans@lrabb.de oder Tel. 0 70 31/663-1006; oder auch direkt bei der FVA, info@wildtiermonitoring.de oder Tel. 07 61/4018 274.

Im jüngsten Fall konnte die FVA keine Tierart sicher bestimmen, durch die das Reh zu Tode gekommen ist. Dass dies nicht außergewöhnlich ist, bestätigen die Zahlen des vergangenen Jahres: 2022 wurden über das Wolfsmonitoring der FVA insgesamt 835 Meldungen mit Wolfsverdacht registriert, nur 112 davon konnten letztlich sicher einem Wolf zugeordnet werden. Aus dem Landkreis Böblingen gab es 2022 acht Meldungen, die entweder als „falsch“ oder „unsicher“ beurteilt wurden.

„Grundsätzlich stellen Wölfe keine Gefahr für den Menschen dar“, so der Wildtierbeauftragte Bastian Junghans. „Wölfe meiden gewöhnlich eine direkte Begegnung mit Menschen, und weil sie diese schon von weitem wahrnehmen, ist eine Begegnung zwischen Mensch und Wolf – auch in Wolfsgebieten – eine Seltenheit.“ Sollte es dennoch zu einer Begegnung kommen, gelte dasselbe wie bei anderen wehrhaften Tieren auch: Abstand halten, Respekt wahren und das Tier keinesfalls bedrängen. Man sollte sich durch laute Geräusche wie Klatschen oder Reden bemerkbar machen und sich langsam entfernen.

Für Landwirte mit Weidetierhaltung, insbesondere für Schäfer, ist das Thema Herdenschutz präsent. Darunter fallen verschiedene Methoden, mit denen Nutztiere vor Wölfen geschützt werden sollen, z.B. Herdenschutzhunde oder Elektrozäune. Es wird zwischen Grundschutz und empfohlenem Schutz unterschieden. Umgesetzte Grundschutzmaßnahmen sind die Voraussetzung dafür, einen finanziellen Ausgleich für nachweislich durch einen Wolf gerissene Nutztiere zu erhalten. Der empfohlene Schutz bietet einen verbesserten Schutz; er unterscheidet sich beispielsweise in der Höhe des Zauns. In Wolfspräventionsgebieten werden Herdenschutzmaßnahmen durch das Umweltministerium finanziell gefördert. Solche Gebiete werden durch das Ministerium dort festgelegt, wo davon ausgegangen wird, dass in einem Gebiet mindestens ein Wolf standorttreu (resident) vorkommt – und zwar in einem 30-Kilometer-Radius um den Mittelpunkt solcher dauerhaft ansässiger Wölfe. Wann ein Wolf als resident gilt, wurde durch das Bundesamt für Naturschutz festgelegt, nämlich wenn er über sechs Monate individuell, zum Beispiel durch genetische Proben, nachgewiesen wurde. Wenn es in abgrenzbaren Gebieten zu einer Serie von Nutztierrissen kommt, kann ebenfalls ein solches Gebiet ausgewiesen werden. Derzeit gibt es in Baden-Württemberg zwei solcher Gebiete – eines im Schwarzwald, wo insgesamt drei Wölfe nachgewiesen sind, und eines im Odenwald, in welchem ein Wolf zumindest bis letztes Jahr als resident galt.

„Aktuell gibt es keinen Grund zur Sorge“, so Reinhold Kratzer. Nach wie vor habe man nur einen bestätigten Fall, nämlich den vom März dieses Jahres. Man nehme alle Hinweise ernst und gehe ihnen nach.