Straßenverkehr im Land wird sicherer

Erstmals starben mehr Radfahrer als Motorradfahrer

bei Georg Kost

Nach den Rückgängen der Unfallzahlen in den pandemiegeprägten Jahren stieg die Gesamtzahl 2022 wieder an. Archivfoto: infopress24.de

BADEN-WÜRTTEMBERG, 17.03.2023 (pm) Die Verkehrsunfallbilanz zeigt, dass die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2022 rund 20 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau 2019 lag. Erstmals starben mehr Radfahrende als Motorradfahrende. Das Land richtet die Arbeit für mehr Verkehrssicherheit auch am geänderten Mobilitätsverhalten aus.

„Die Unfallbilanz für das Jahr 2022 zeigt: das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert sich und damit auch die Gefahren im Straßenverkehr. Wir richten unsere Arbeit für mehr Verkehrssicherheit daran aus und werden mit den Präventionsmaßnahmen der Landesregierung auch stärker für veränderte Gefahren sensibilisieren“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz am Dienstag, 14. März 2023, im Anschluss an die Kabinettssitzung. Neben der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz 2022 waren die Maßnahmen für die Sicherheit im Verkehr ein Thema im Ministerrat.

Erstmals starben mehr Radfahrende als Motorradfahrende. Archivfoto: infopress24.de

Zahl der Verkehrstoten rund 20 Prozent unter Vor-Corona-Niveau

Der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl sagte: „Der Straßenverkehr wird immer sicherer. Unsere ambitionierte und engagierte Arbeit zahlt sich aus und zeigt Wirkung. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 haben wir zehn Prozent weniger Verunglückte und 20 Prozent weniger Tote – und das, obwohl mit dem Rückgang der Pandemie auch der Straßenverkehr im Land wieder deutlich Fahrt aufgenommen hat. Darauf ruhen wir uns freilich nicht aus. Das ist Ansporn, unsere bewährten gemeinsamen Aktivitäten auch in 2023 unermüdlich fortzuführen.“

Verkehrsminister Winfried Hermann ergänzte: „Es ist gut, dass die Zahl der Verunglückten und Toten im Straßenverkehr gegenüber 2019 zurückgegangen ist, aber nach wie vor gilt: Jede und jeder Getötete und Schwerverletzte ist eine und einer zu viel. Bei Verkehrsunfällen sterben die meisten Menschen im oder durch ein Auto. Und die meisten Autounfälle – vor allem die mit tödlichen Folgen – werden durch zu hohe Geschwindigkeit verursacht. Hier sind Reformen im Straßenverkehrsrecht auf Bundesebene dringend erforderlich.“ Städte und Gemeinden müssten mehr Freiheit für die Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen bekommen. „Die Überlebenschancen sind bei Unfällen mit Tempo 30 erheblich höher und das Verletzungsrisiko ist deutlich geringer als bei Tempo 50. Und angesichts der besonders hohen Zahl tödlicher Unfälle durch Raserei auf Landstraßen muss es auch in diesem Bereich leichter werden, Tempolimits anzuordnen“, so Hermann.

„Wir wollen die Anzahl der Verkehrstoten bis 2030 deutlich reduzieren – das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Dafür brauchen wir sowohl die ambitionierten Maßnahmen auf Landes- als auch auf Bundesebene“, betonte Ministerpräsident Kretschmann.

Archivfoto: infopress24.de

Die Entwicklung der Verkehrsunfallzahlen im Vergleich zum Vorjahr

Nach den Rückgängen der Unfallzahlen in den pandemiegeprägten Jahren stieg die Gesamtzahl 2022 wieder an.

Anzahl / Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum
Polizeilich registrierte Verkehrsunfälle 293.721 / plus 7,2 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021
Zahl der Verkehrstoten 350 Personen / 2021: 348 Personen
Anzahl verletzter Personen 42.213 / plus 12,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021
Verkehrsunfälle mit Sachschaden 259.816 / plus 6,6 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021


Veränderte Mobilität: Ein Blick auf ausgewählte Verkehrsmittel

Anzahl / Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum  
Motorradunfälle 4.744 / plus 15,1 Prozent im Vergleich zu 2021
Anzahl verletzter Personen bei Motorradunfällen 3.925 / plus 13,7 Prozent im Vergleich zu 2021
Fahrradunfälle 12.760
Zahl der Verkehrstoten bei Fahrradunfällen 75 / 2021: 57

„Im Vergleich zum Vorjahr starben in Baden-Württemberg fünf Motorradfahrende weniger – das ist der tiefste Stand seit Einführung der amtlichen Unfallstatistik im Jahr 1953, also seit 70 Jahren. Diese positive Entwicklung haben wir vor allem der konsequenten Umsetzung unseres 5-Punkte-Plans zu verdanken“, so Innenminister Thomas Strobl. Der 5-Punkte-Plan beinhaltet eine Überwachungsoffensive, verstärkte Prävention, kostenlose Technikchecks, offensive Öffentlichkeitsarbeit sowie die Entschärfung gefährlicher Strecken.

Erstmals starben mehr Radfahrende als Motorradfahrende

Die steigende Zahl der Unfälle mit Fahrrädern sei jedoch besorgniserregend, so Verkehrsminister Hermann. „Im letzten Jahr starben erstmals mehr Radfahrende als Motorradfahrende auf den Straßen Baden-Württembergs. Etwa zwei Drittel der tödlich Verunglückten war mit einem Pedelec unterwegs, 45 trugen keinen Fahrradhelm. Der Fahrradhelm kann Leben retten.“

 

Hauptunfallursachen und Risikofaktoren

Nach wie vor ist überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit die Hauptunfallursache für tödliche Verkehrsunfälle. 112 Menschen mussten deshalb im vergangenen Jahr ihr Leben lassen. Die Gesamtzahl der Alkohol- und Drogenunfälle stieg auf rund 5.300. Hierbei kamen im letzten Jahr 29 Menschen ums Leben und damit einer mehr als 2021.
Jeder achte tödliche Verkehrsunfall ist auf Ablenkung zurückzuführen. „Wir dürfen nicht müde werden, klar zu machen: Schon die kleinste Unachtsamkeit, der kurze Blick von nur drei Sekunden auf das Smartphone, verursacht bei einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde (km/h) einen Blindflug von fast 42 Metern, bei 100 km/h sogar einen von 83 Metern“, warnte Innenminister Thomas Strobl.
Im Jahr 2022 hatte ein Drittel (48 Personen) der (144) getöteten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, die einen Sicherheitsgurt hätten tragen müssen, diesen nicht oder nicht richtig angelegt.