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ENZKREIS, 16.02.2021 (pm) – Man kann es nicht sehen, nicht riechen, auch nicht schmecken – das Gas Radon. Es ist Teil unserer Atemluft – im Freien nur sehr wenig, in Innenräumen im Schnitt etwas mehr, manchmal aber auch sehr viel: Dann wird Radon zum Risiko, denn „Radon ist nach dem Rauchen die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs – vor Feinstaub, Asbest oder Quarzstäuben“, warnt Dr. Sylvia Renkert, Ärztin beim Gesundheitsamt.
Aus dem natürlichen Uran-238 im Boden entsteht über Zwischenprodukte das Edelgas Radon. Es steigt mit der Bodenluft auf und gelangt ins Freie oder in die Keller- und Erdgeschosse von Gebäuden. Beim Zerfall von Radon-222 wird radioaktive Strahlung frei. Gelangt Radon-222 mit der Atemluft in die Lunge, so sind Lungenbläschen und Bronchien dieser Strahlung direkt ausgesetzt – ein Krebsrisiko. Die Zerfallsprodukte des Radongases, Blei, Polonium und Bismut, strahlen als Staub weiter. „Seit 1988 gelten Radon und seine Zerfallsprodukte gesichert als Ursache von Lungenkrebs beim Menschen“, berichtet Renkert. Für Deutschland errechnete die Strahlenschutzkommission, dass Radon fünf Prozent aller Lungenkrebstodesfälle allein oder mitverursacht. Die meisten durch Radon verursachten Todesfälle treten bei Raucherinnen und Rauchern auf.
Allerdings seien nur Lunge und Atemwege gefährdet. Keine Gefahr besteht für andere Organe oder für Babys im Mutterleib.
Lange wurde das Risiko durch Radon nur in Bergwerken und Höhlen gesehen. Eine europäische Studie aus dem Jahr 2005 zeigte jedoch einen generellen Zusammenhang: Steigt die Radonaktivitäts-Konzentration der Raumluft um 100 Bequerel pro Kubikmeter (bq/m³), steigt das Risiko einer Lungenkrebs-Erkrankung um 16 Prozent. Die normale Konzentration liegt bei etwa 50 bq/m³ im Innenbereich. Seit 2019 gilt für Aufenthaltsräume: Wird ein Referenzwert von 300 erreicht oder überschritten, soll geprüft werden, ob Maßnahmen angemessen sind. Wenn er mit einfachen Mitteln unterschritten werden kann, sollte dies erfolgen.
Die Landesregierung hat 29 Gemeinden im mittleren und südlichen Schwarzwald als Radon-Vorsorgegebiet vorgeschlagen; die Bürgerbeteiligung dazu läuft noch. In diesen Gemeinden müssen Arbeitgeber die Radonaktivität aller Arbeitsplätze in Keller- und Erdgeschossen messen. Wird der Referenzwert überschritten, sind Maßnahmen zu ergreifen. Neubauten in Vorsorgegebieten müssen den anerkannten Regeln der Technik zum Feuchteschutz entsprechen – damit ist auch der Schutz vor Radon gewährleistet. Pforzheim und der Enzkreis sind nicht als Vorsorgegebiet genannt; das bedeutet, dass in weniger als zehn Prozent der Gebäude eine Überschreitung des Referenzwerts zu erwarten ist.
Dennoch können in einzelnen Gebäuden die Werte hoch sein: „An jedem Ort Deutschlands ist die Bodenluft-Konzentration so hoch, dass sich das Gas bei undichten Gebäuden und wenig belüfteten Räumen ansammeln kann“, so Renkert. Wer wissen will, wie es bei ihm tatsächlich aussieht, kann dies nur mit Messungen über mehrere Monate feststellen. „Die Kosten sind aber mit etwa 30 Euro pro Raum überschaubar“, findet die Expertin. Sie rät zu solchen Messungen in Häusern, die vor 1975 erbaut wurden: „Bei gleicher Radon-Bodenaktivität können in direkt benachbarten Gebäuden die Belastungen sehr unterschiedlich sein.“
Eine Liste von Fachfirmen steht auf der Internetseite des Bundesamts für Strahlenschutz.
Weitere Informationen: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/umwelt-natur/kernenergie-und-strahlenschutz/strahlenschutz/schutz-vor-radon/vorschlaege-fuer-radonvorsorgegebiete/