Ohne Kommunikation ist alles nichts

Bernhard Pörksen brilliert im Studium Generale

bei Georg Kost

Bernhard Pörksen fesselte das Publikum beim Studium Generale . Foto: Cornelia Kamper/Hochschule Pforzheim

PFORZHEIM, 06.04.2023 (pm) – Die rhetorische Brillanz von Dr. Bernhard Pörksen sucht ihresgleichen. Davon konnte sich das Publikum zum Auftakt des Studium Generale im Audimax der Hochschule Pforzheim eindrucksvoll überzeugen. Der Tübinger Professor für Medienwissenschaft fesselte das Publikum mit seinem Vortrag „Die Kunst des Miteinander-Redens in Zeiten der großen Gereiztheit“. Was er sagte und wie er es tat, war große Redekunst. Den Wissenschaftlichen Leiterinnen des Studium Generale, den Professorinnen Dr. Christa Wehner und Dr. Frauke Sander, ist es abermals gelungen, einen herausragenden Referenten nach Pforzheim zu lotsen.

Immer häufiger eskalieren öffentliche Debatten zum giftigen Streit – zuletzt haben das nicht nur die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die umweltpolitische Lage bewiesen. Gerüchte, Fake-News-Panik und aggressive öffentliche Debatten: Offenbar gibt es auch in der Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren, eine Art Klimawandel, und viele befürchten das Schwinden des gesellschaftlichen Zusammenhalts und das Ende von Respekt und Vernunft. Soviel zur Einordnung. Die wichtigsten Antworten Pörksens auf diese Gemengelage: dass wir überhaupt weiter miteinander kommunizieren. Und dass wir es angemessen tun. Denn: „Kommunikation ist nicht alles. Aber ohne Kommunikation ist alles nichts.“

Damit will Pörksen nicht legitimieren, über jedes Thema unbedingt reden zu müssen. Manchmal müsse man seine klare Haltung bewahren. „Hass ist Hass. Wissenschaftlich nachweislicher Unsinn ist Unsinn. Das muss man klar benennen und da gibt es mitunter eben keine Ebene, auf der man Dinge diskutieren kann“, betont er. Allein aus Selbstschutz sei es wichtig, hier klare Linien zu ziehen. Aber zwischen schwarz und weiß gebe es viele Graustufen, die eine Auseinandersetzung mit anderen Meinungen ermöglichten. Mehrere hilfreiche Prinzipien hat Pörksen für diese Diskussionen identifiziert, die es den Diskutanten erleichtern, sich trotz unterschiedlicher Standpunkte zu begegnen.

Das begeisterte Publikum im mit rund 400 Gästen exzellent besuchten Walter-Witzenmann-Hörsaal (rund 200 verfolgten den Vortrag im Livestream auf Youtube), konnte für den Alltag vor allem zwei ganz wichtige Anregungen mitnehmen. „Demokratie braucht den Streit. Und den Kompromiss, deshalb ist es zunächst ganz wichtig, sich dem Dialog nicht zu verweigern“, sagt Pörksen und ergänzt: „Aber es muss der Situation angemessen und echt sein.“ Ganz und gar nicht angemessen sei etwa die Neujahrsansprache der ehemaligen Verteidigungsministerin gewesen. „Das war weder situationsgerecht, noch rollenkonform, was sie inmitten der Böllerkanonade über den Ukraine-Krieg gesagt hat“, so Pörksen.

Pörksen pointiert seine messerscharfen Gedanken immer wieder auch mit Querbezügen zu seiner Autobiografie und hat neben viel Anerkennung auch die Lacher auf seiner Seite: „Aktuell Wohne ich in der größten nicht überdachten Waldorfschule der Welt: Tübingen“, merkt er mit Augenzwinkern an. Und auch das von ihm skizzierte Prinzip der „doppelten Passung“ von Kommunikation – und damit Kommunikation, die sowohl authentisch als auch situationsgerecht ist – verdeutlicht er mit einem Bezug zur eigenen Historie als Schüler: „Ich könnte hier vor Ihnen auch Blockflöte spielen.“ Schließlich er als Schüler sehr für sein Spiel gelobt. Worden. „Da hat jemand geübt, waren die Worte meiner Lehrerin. Aber es wäre eben der Situation nicht angemessen.“

Das Interesse des Publikums ebbt an diesem Abend nur sehr langsam ab. Zweistellig ist die Zahl der Nachfragen, für die sich der renommierte Kommunikationsforscher viel Zeit nimmt. Beim anschließenden Glas Wein bleibt sein Thema lebendig im Raum. Die Besucher diskutieren leidenschaftlich. Ganz nach Pörksen: Offen, echt und angemessen.

Im nächsten Studium Generale-Vortrag befasst sich Rüdiger von Fritsch, langjähriger Botschafter in Warschau und Moskau (bis 2019), am 26. April mit dem Thema „Zeitenwende. Putins Krieg und die Folgen.