Neue Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung

Die Verordnung gilt zunächst bis zum 28. Februar 2023

bei Georg Kost

Neue Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung. Symbolfoto: infopress24.de

BADEN-WÜRTTEMBERG, 02.09.2022 (pm) – Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) – Hinter diesem sperrigen Namen verbirgt sich ein Katalog kurzfristig wirksamer Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung, der Ende August vom Bundeskabinett gebilligt wurde und zum 1. September in Kraft trat. Nötig wurde dies, nachdem der völkerrechtswidrige Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft hat.
Die Verordnung enthält Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich für einen Zeitraum von sechs Monaten, vom 1. September 2022 bis zum 28. Februar 2023. Sie wird gemeinsam mit einer Verordnung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) erlassen, die ab 1. Oktober 2022 für zwei Jahre gelten soll.
Die beiden Verordnungen bilden neben der Befüllung der Gasspeicher und der Senkung des Erdgasverbrauchs in der Stromerzeugung die dritte Säule des Energiesicherungspakets.

Mit den Maßnahmen beider Verordnungen (EnSikuMaV und EnSimiMaV) sollen in den kommenden zwei Jahren Energiekosteneinsparungen bei privaten Haushalten, Unternehmen und der öffentlichen Hand in Höhe von 10,8 Milliarden Euro bewirkt werden. Bei der Schätzung wurden aktuell geltende Marktpreise zugrunde gelegt.
Die kurzfristig wirksamen Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich, die als Vorsorgemaßnahmen ausgestaltet sind, vermeiden unnötigen Energieverbrauch, um eine Mangelsituation zu vermeiden oder eine solche bei ihrem Eintritt abzumildern.

Zusammenfassung der Verordnung:
Der Anwendungsbereich des Maßnahmenkatalogs (§ 1) umfasst Wohnräume, Schwimm- und Badebecken, Nichtwohngebäude, Baudenkmäler und Unternehmen.

Für Privathaushalte wurden folgende Maßnahmen beschlossen:
Eine fakultative Temperaturabsenkung durch Mieter (§ 3) über die Aussetzung entsprechender Vereinbarungen in einem Mietvertrag, nach denen der Mieter durch eigene Handlungen eine Mindesttemperatur zu gewährleisten hat.
Das Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten (Gas und Strom) für private, nicht-gewerbliche innen- und außenliegende Schwimm- und Badebecken (§ 4).
Eine Ausnahme bildet hier die Beheizung für therapeutische Anwendung.

Für öffentliche Nichtwohngebäude gilt:
Ein Verbot der Beheizung von Gemeinschaftsflächen wie Eingangshalle, Treppenhaus, Flur, Lager- oder Technikraum, die nicht dem Aufenthalt von Personen dienen (§ 5).
Nicht erfasst von dieser Regelung sind Toiletten, Duschen, Teeküchen, Umkleideräume, Pausenräume, Kantinen, Vortragssäle, Konferenzräume und Warteräume. Eine weitere Ausnahme bildet eine Beheizung zum Schutz installierter Technik oder gelagerter Gegenstände und Stoffe, und auch wenn durch bauphysikalische Gegebenheiten Schäden oder ein Mehrverbrauch drohen, gilt die Regelung nicht.

Komplett ausgenommen von diesem Verbot sind zudem medizinische Einrichtungen, Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten (vgl. § 5 Abs. 2)

Die folgenden festgelegten Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen (§ 6) dürfen nicht überschritten werden:
Für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit 19 Grad Celcius für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen sowie für mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit 18 Grad für mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 16 Grad und für körperlich schwere Tätigkeit 12 Grad.

Öffentliche Arbeitgeber haben Sorge zu tragen, dass die festgelegte Höchsttemperatur nicht durch Wärmeeinträge gebäudetechnischer Systeme, wie Heizungsanlagen, überschritten wird.
Keine Höchstwerte gelten auch hier für medizinische Einrichtungen, Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten (vgl. § 6 Abs. 3).

Eine Ausnahme gilt auch, falls durch die niedrigere Lufttemperatur Beschäftigte in ihrer Gesundheit gefährdet sind und sonstige Schutzmaßnahmen wie etwa die Ausweitung von Homeoffice-Regelungen nicht möglich oder ausreichend sind.

Die Pflicht zum Ausschalten dezentraler Trinkwassererwärmungsanlagen wie etwa Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspeicher in öffentlichen Nichtwohngebäuden, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist (§ 7 Abs. 1). Dies gilt nicht, wenn der Betrieb der Anlage aus hygienischen Gründen erforderlich ist.

Die Pflicht zur Beschränkung der Warmwassertemperatur in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen auf das Niveau zur Vermeidung des Gesundheitsrisikos durch Legionellen in der Trinkwasser-Installation (§ 7 Abs. 2).

Ausgenommen von dieser Regelung sind erneut medizinische Einrichtungen, Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen und Kindertagesstätten sowie Einrichtungen, in denen die Bereitstellung von warmem Trinkwasser für die bestimmungsgemäße Nutzung oder den Betrieb des Gebäudes erforderlich ist, wie Sport- und Schwimmhallen.

Die Untersagung der Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtungen (§ 8). Weiterhin erlaubt ist die kurzzeitige Beleuchtung bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten, wie etwa Weihnachtsmärkten.

Für Unternehmen wurden folgende Maßnahmen zur Energieeinsparung festgelegt:
Eine Informationspflicht über Preissteigerungen für Versorger und für Eigentümer von Wohngebäuden (§ 9) die Untersagung des dauerhaften Offenhaltens von Ladentüren und Eingangssystemen im Einzelhandel, es sei denn, dieses ist für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich (§ 10) und die Untersagung des Betriebs beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages (§ 11).

Dies gilt nicht, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Verkehrs- und Betriebssicherheit – insbesondere im öffentlichen Personen- und Nahverkehr – oder für die Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann, wie etwa bei beleuchteten Werbeträgern an Fahrgastunterständen, in Wartehallen, an Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebssicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind. Auch die Beleuchtung von geöffneten Tankstellen und von Nebenbetrieben an Autobahnen dient der Verkehrssicherheit.

Mindestwerte der Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten entsprechen den in § 6 Abs. 1 Satz 1 festgelegten Höchstwerten (§ 12). Diese ersetzen damit temporär die geltenden Mindesttemperaturen, die in der Arbeitsstätten-VO als Konkretisierung des Schutzziels einer „gesundheitlich zuträglichen Raumtemperatur“ für Arbeitsstätten festgelegt sind.