Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen mit Behinderung

Frauenbeauftragte zu Besuch in der Fachstelle häusliche Gewalt

bei Georg Kost

Besuch der Frauenbeauftragten in der Fachstelle häusliche Gewalt : Foto LRA Enzkreis

ENZKREIS, 26.05.2023 (enz) – Wo fängt Gewalt an? Wie kann man sich davor schützen? Und wo kann man sich hinwenden, wenn man Fragen hat oder Hilfe benötigt?
„Gewalt hat viele Gesichter und betrifft Frauen in allen sozialen Schichten und in allen Altersgruppen“, weiß Tanja Göldner, Leiterin des ökumenischen Frauenhauses sowie der Fachstelle häusliche Gewalt Pforzheim Enzkreis. Studien zeigen allerdings, dass Frauen mit Behinderung sehr viel häufiger Gewalt erleben als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt. Gleichzeitig nehmen nur wenige Frauen mit Behinderung Beratung und Hilfe in Anspruch.

Nina Paegel, Frauenbeauftragte der Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) bei der Lebenshilfe Pforzheim Enzkreis e.V., erklärt: „Oftmals kennen die Betroffenen ihre Rechte zu wenig und wissen nicht über die verschiedenen Hilfs- und Beratungsangebote Bescheid.“ Ihre Kollegin Stella Martjan, die das Amt der Frauenbeauftragten im Auenhof innehat, ergänzt: „Viele Angebote sind auch nicht barrierefrei. Beispielsweise ist für Frauen mit Behinderung oftmals der Zugang erschwert oder es fehlt an Informationen in Leichter Sprache.“ Daher seien verstärkte Aktivitäten erforderlich, um niedrigschwellige und barrierefreie Schutz- und Unterstützungsangebote für Frauen mit Behinderung bereitzustellen. „Unsere Fachstelle ist mittlerweile barrierefrei erreichbar, gleiches würde ich mir für unser Frauenhaus wünschen, damit wir auch Frauen mit Behinderung aufnehmen können“, so Göldner.

„Eine gute Vernetzung und Zusammenarbeit der Einrichtungen der Behindertenhilfe, der Fachberatungsstellen und weiterer Akteure aus dem Bereich der Gleichstellungs- und Inklusionsarbeit trägt ebenfalls zur Stärkung des Gewaltschutzes bei“, ist Enzkreis-Inklusionsbeauftragte Anne Marie Rouvière-Petruzzi überzeugt. Mit dem heutigen Besuch wolle man sich weiter vernetzen. „Denn die Frauenbeauftragten haben eine wichtige Multiplikations- und Lotsenfunktion“. Je nachdem, mit welchem Thema sich die Frauen an die Frauenbeauftragten in den WfbM wenden, könnten diese durch ihr breites Wissen über bestehende Netzwerke und Beratungsstellen an die jeweils zuständige Stelle weitervermitteln.

„Die Fachstelle häusliche Gewalt ist mit ihrem niederschwelligen Angebot ein wichtiger Netzwerkpartner für unsere Arbeit“, so die beiden Frauenbeauftragten. Man wolle regelmäßig im Austausch bleiben, „denn nur gemeinsam kann es uns gelingen, Frauen mit Behinderung besser vor Gewalt zu schützen“, ist man sich einig.

 

Hintergrund:
Warum gibt es Frauenbeauftragte in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung?
Seit 2017 muss jede Werkstatt eine Frauenbeauftragte haben, welche die Interessen der beschäftigten Frauen gegenüber der Werkstattleitung vertritt. Neben der Gleichstellung von Frauen und Männern, der Vereinbarkeit von Familie und Beschäftigung, gehört auch der Schutz vor körperlicher, sexueller und psychischer Belästigung oder Gewalt zu den Aufgaben der Frauenbeauftragten. Als Ansprechpartnerinnen stehen sie Betroffenen zur Verfügung, unterstützen sie, ihre Rechte selbst wahrzunehmen und vermitteln an die zuständigen Beratungsstellen weiter. Durch die Vorbildfunktion der Frauenbeauftragten werden Frauen in Einrichtungen gestärkt und unterstützt, für die Wahrung ihrer Rechte und die Verwirklichung von Gleichberechtigung einzutreten.