
Die Gastronomie und der Einzelhandel befinden sich seit fast einem Jahr in einem Ausnahmezustand. Archivfoto infopress24.de
ENZKREIS, 30.03.2021 (pm) – Einen offenen Brief haben dieser Tage die Rathauschefs des Enzkreises an Ministerpräsident Winfried Kretschmann verschickt.
Wie der Sprecher der Enzkreis-Bürgermeister Michael Schmidt aus Neulingen ausführte, wollen die Kommunen nach dem Vorbild der Stadt Tübingen Öffnungsperspektiven für Handel, Gastronomie, Kultur, Vereine und Sport erreichen.
„Wir hatten gehofft, so Michael Schmidt, dass der Appell des Gemeindetages Gehör findet und in die weiteren Beratungen einfließt. Dies sei bisher nicht geschehen und ihre jüngsten Äußerungen in den Medien lassen vermuten, dass die Landesregierung weiterhin an den bisherigen Regelungen, die die Bevölkerung aus mehreren Corona-Verordnungen kennt, festhalten wird.
Der aktuelle Corona-Beschluss zeigt ferner eindeutig, dass die Entscheidungen von Bund und Ländern weiterhin einzig und allein auf Inzidenzwerten basieren. Wir müssen jedoch eine differenziertere Betrachtung aller Faktoren zu Grunde legen und davon wegkommen, ausschließlich die Inzidenzwerte als Grundlage für Schließungen heranzuziehen.“
Schmidt weiter: „Es muss möglich sein, einen sicheren Alltag zu realisieren und hierbei eine ganzheitliche Betrachtungsweise unter Berücksichtigung aller relevanten Indikatoren anzusetzen. Faktoren, wie die Beteiligung der Intensivbetten, die Krankheitsverläufe, die Quoten der geimpften Bevölkerung oder welche Mittel es mittlerweile gibt, um Krankheitsverläufe zu mildern. Es wird auch nicht jeder Bundesbürger bereit sein, sich impfen zu lassen; wie lange sollen diese On-Off-Situationen denn noch andauern?
Die genannten Faktoren müssten viel stärker in die Entscheidung mit einbezogen werden.
In dem Brief wird außerdem gefordert, dass man aus der Politik des Reagierens herauskommen müsse und sich ins agieren wandele.
Der Lockdown werde bisher als Kerninstrument zur Pandemiebekämpfung herangezogen und nur die 7-Tage-Inzidenz entscheide über den Stillstand.
„Wir sind, nach über einem Jahr der Pandemie in einer Phase, in der dieses alleinige Instrumentarium zur Steuerung der Pandemie nicht mehr ausreichen ist und seitens der Bürger*innen auch zunehmend nicht weiter akzeptiert wird.
Die Stimmung in der Bürgerschaft verschlechtere sich spürbar. Die Bürger*innen beginnen das Vertrauen in die Politik zu verlieren. Wir dürfen einen Ihrer Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten, Erwin Teufel, an dieser Stelle mit dem Satz zitieren“: „Vertrauen verloren, alles verloren“.
Außerdem schreibt Michael Schmidt, dass den Unternehmen zunehmend die Luft ausgeht und die Bürgermeister*innen müssen mehr oder weniger machtlos, die Entwicklung hinnehmen.
„Wir fordern daher ein Öffnen des Einzelhandels, der Gastronomie und der Kultureinrichtungen mit strengen Hygienekonzepten als auch mit entsprechenden Teststrategien. Wir gehen davon aus, dass mit dem Prinzip „mit Sicherheit öffnen“ ein vertretbarer, wenn auch eingeschränkter Betrieb von Kultur, Hotel und Gastronomie als auch von Veranstaltungen- und Sportangeboten möglich sein kann“, so Schmidt.
Gastronomie und der Einzelhandel befinden sich seit fast einem Jahr in einem Ausnahmezustand und insbesondere für Gastronomie sowie Hotellerie zählt das Ostergeschäft zu den traditionell umsatzstärksten Wochen eines Jahres.
Es ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl dieser Betrieb von den Überbrückungshilfen III nicht stark profitieren werden. Falls dem so ist und wir unsere Strategie im Umgang mit dem Corona-Virus nicht ändern, besteht die Gefahr, dass diese Branche die nächsten Monate nicht überleben wird.
Abschließend wird in dem Schreiben der Bürgermeister gefordert, das „Tübinger Modell“ mit entsprechenden Hygienekonzepten und Teststrategien auf das gesamte Land Baden-Württemberg auszudehnen, damit in unseren Gemeinden Einzelhandel und Gastronomie wieder öffnen dürfen. Damit Kultureinrichtungen und dem Hotelgewerbe positive Perspektiven aufgezeigt werden können.
Hierzu bedarf es jetzt klarer politischer Zielvorgaben der Landesregierung! Wir müssen unseren Bürger*innen endlich zeigen und beweisen, dass wir mehr können als Lockdown!