
Sandra Kaufmann (Mitte) vom Tanzatelier SASTI in Schellbronn mit ihren Töchtern Josanna und Lavinia (rechts). Foto infopress24.de
NEUHAUSEN, 22.03.2021 (rsr) – Vor ziemlich genau 14 Jahren hat sich Sandra Kaufmann mit ihrem Tanzatelier SASTI in Schellbronn einen Traum erfüllt. Bis zu 200 Schülerinnen und Schüler nahmen bis zum ersten Corona-Lockdown an Kindertanzstunden, Ballettunterricht, Breakdance, Hip-Hop oder Cheerlading teil. Nicht zu vergessen der irische und klassischer Steptanz, den Kaufmann bislang erfolgreich angeboten hat. Unterstützung erfährt Sandra Kaufmann von Ihren Töchtern Josanna und Lavinia und weiteren Tanzlehrerinnen und Tanzlehrern.
Corona hat das Leben aller stark verändert aber noch mehr beeinträchtigt. Seit März 2020 ist mit einer Unterbrechung die Tanzschule auf Verordnung geschlossen. Berufsverbot: Corona lässt Tanzkurse seither nicht mehr zu. Eine Branche, die von Bewegung lebt, wurde zum Stillstand verurteilt.

Tanzschuhe an den Nagel hängen? Foto privat
Sandra Kaufmann spricht mittlerweile von Aussichtslosigkeit. Wie ihr und viele ihrer Berufskollegen fehlen Perspektiven. Sandra Kaufmann hat die Beitragszahlungen für ihre Kursteilnehmer allesamt ausgesetzt.
Aus ihrem Kollegenkreis ist zu hören, dass sich mehr und mehr Kursteilnehmer abmelden. Hoffnungen die man der Branche in Online-Kurse gesteckt hatte, verpuffen weitgehend und Neuanmeldungen gibt es zwangsweiße auch keine mehr. Alles in allem sei das sehr demotivierend und ja, man verliere mittlerweile auch den letzten Rest Glauben an die Politik.

Paket für das Kanzleramt. Foto privat
Sandra Kaufmann hat mittlerweile Kontakt zu andern Tanzschulen aufgenommen. Hier tauscht sie sich beispielsweiße mit Sylvia Elbs aus Welzheim, Sabine Roser aus Pforzheim, Penelope Robinson Depatin aus Remchingen, Kristina Sosnina von „You Dance„ in Karlsruhe oder Marleen Friedrich-Hennes aus Holzgerlingen aus. Die Gruppe tut einfach gut, erzählt Kaufmann und ja, wir schmieden sogar Zukunftspläne, für die Zeit nach Corona, falls es uns dann noch gibt.
Wie viele in der Branche fragt sich Sandra Kaufmann, wie es kommen konnte, dass die Tanzschulen geschlossen bleiben müssen, während andere Branchen offenen dürfen, zumal sie keinen Paartanz anbieten, also alles ohne Berührungen. Und wir verstehen die Logik nicht, die hinter den Maßnahmen stehen – unsere Geschäfte gehen langsam den Bach runter, andere mussten bereits schließen, erzählt die Tanzpädagogin.
Einige Kollegen wären sogar bereit, mit Masken zu unterreichten, obwohl jeder, der jemals getanzt oder Sport betrieben hat weiß, dass dies gegen jegliches gesundheitliches Verständnis spricht, so Kaufmann, um anzufügen, dass Tanzen sehr viel mit intensiver Atmung und Atemtechnik, sowie mit Ausdauer und Fitness zu tun habe.
„Mit der Aktion erhoffen wir uns, ein Ausrufezeichen zu setzen – um wahrgenommen zu werden“, sagt auch Jaš Otrin, Geschäftsführer des Deutschen Berufsverbands für Tanzpädagogik (DBFT).

Brandbriefe und Päckchen sind auf dem Weg nach Berlin und Stuttgart. Foto privat
Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen ihrer Branche hat sich Sandra Kaufmann entschlossen an der Aktion „Tanzschuhe an den Nagel hängen“ teilzunehmen, um auf die prekäre Situation ihres Berufsstands aufmerksam zu machen. „Es muss jetzt etwas passieren“, so Kaufmann.
Wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen hat sie dieser Tage Ballettschuhe in ein Päckchen gepackt und Brandbriefe an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), das Staatsministerium und Gesundheitsminister Jens Spahn geschickt.
Zeitgleich posten viele Tanzschulen in sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #TanzschuheandenNagelhaengen Fotos von den Päckchen, die sie nach Berlin und Stuttgart senden.
Mit der Paket-Aktion zum Jahrestag des ersten Lockdowns will man versuchen der Politik ein Symbol des Schaffens der Tanzbranche zu vermitteln, in der Hoffnung, dass der Tanzsport im zukünftigen Handeln aller politischen Entscheidungsträger Berücksichtigung findet. Gleichzeitig wird erinnert, dass Tanzen einen großen Teil zur mentalen und physischen Gesundheit der Bevölkerung beiträgt. Und es wird auch daran erinnert, dass Tanzschulen, Tanzschaffende oder Bildungseinrichtungen für künstlerischen Tanz bereits im Frühjahr 2020 bewiesen hätten, dass Tanzen und Tanzunterricht hygienekonform möglich ist. Tanzunterrichtsstätten sind keine Pandemietreiber. Sie sind Teil der Lösung, da sie Menschen bewegen und so vor Langzeitschäden schützen.
„Mit der Aktion erhoffen wir uns, ein Ausrufezeichen zu setzen – um wahrgenommen zu werden“, sagt auch Jaš Otrin, Geschäftsführer des Deutschen Berufsverbands für Tanzpädagogik (DBFT).
Ob die ganze Aktion etwas bringt? Sandra Kaufmann ist da eher skeptisch. „Man wird es sicher zur Kenntnis nehmen, aber mehr wohl nicht“.
Dennoch besteht ein Funke Hoffnung, dass vielleicht doch irgendwann mit den Betroffenen gemeinsam über deren Berufstand entschieden und nicht nur über ihn bestimmt wird.
Und vor allem hofft aber man auf nachvollziehbare Erklärungen auf welcher Grundlage Verordnungen basieren.
In Anbetracht der jüngsten Corona-Entwicklungen und der Ankündigung von Ministerpräsident Kretschmann (Grüne), die Corona-Auflagen bis hin zu Ausgangsbeschränkungen in Hotspot-Regionen wieder zu verschärfen, wird sich Sandra Kaufmann jedenfalls wohl auch mittelfristig mit der Gemüse-Aussaat in ihrer Küche oder mit der Malerei beschäftigen müssen.