
Foto Stadt Pforzheim, Matthias Hilligardt
PFORZHEIM, 16.02.2021 (pm) – Nachdem der Winter in diesem Jahr ein kurzer, aber durchaus kalter Winter war, steigen die Temperaturen auch in den Böden und Winterverstecken der heimischen Amphibien (Frösche, Kröten, Molche, Salamander) aktuell relativ schnell an. Der Dauerregen der letzten Wochen hat die Böden gut mit Feuchtigkeit versorgt, ideal für die trockenheitsempfindlichen Amphibien. Sie erwachen allmählich aus ihrer Winterstarre und gehen auf ihre alljährliche, zum Teil mehrere Kilometer weite Wanderschaft zu ihren Laichgewässern. Die meisten der bei uns wandernden Amphibienarten führen sonst ein wenig beachtetes Leben in Wäldern, Gärten, in Hecken und Lesesteinwällen, an Gewässern. Besonders aber im Frühjahr treten Amphibien in unser Bewusstsein, wenn sie unsere Wege „kreuzen“. Ihre Bestände gehen nahezu überall stetig zurück – bedingt durch Umweltveränderungen wie die intensive Landwirtschaft, die Verarmung der Landschaftselemente, Erschließung der Landschaft durch Verkehrswege, der Einsatz von Schwermaschinen in der Landnutzung. Der Klimawandel verstärkt zudem immer mehr die Belastungen für die auf Feuchtigkeit angewiesenen Amphibien – z.B. durch ansteigende Lufttemperaturen, Zunahme extremer Hitzephasen, Austrocknung von Kleingewässern und der Böden, durch Waldbrände, Flächenversiegelung. Durch den Stress erhöht sich die Anfälligkeit der Amphibien für Parasiten und Krankheiten.
Amphibien sind wichtige Glieder der belebten Umwelt, sorgen mit für das ökologische Gleichgewicht der Arten, sie sind gesetzlich geschützt und faszinieren durch ihre besondere physiologische Anpassung an ihre Lebensräume. Amphibien verbringen bestimmte Lebensphasen im Wasser und an Land. Um Nachkommen zu zeugen, müssen sie stehende und langsam fließende Gewässer aufsuchen. Nach der Laichzeit verlassen die Amphibien wieder das Gewässer und wandern allmählich zurück in ihren Jahreslebensraum. Wichtige Laichgewässer im Stadtkreis Pforzheim sind zum Beispiel im Enzauenpark, der Seehaus-See und der Herrmannsee. Aber auch viele kleine Bachläufe und Tümpel sind Ziel kleinerer Wandergruppen.
Sobald die Abend- und Nachttemperaturen jetzt mindestens plus fünf Grad Celsius anzeigen, genügend Feuchtigkeit vorhanden ist und die Böden wieder vollends aufgetaut sind, werden die Amphibien wieder aktiv. Da sie in der Regel auf ihre angestammten Laichgewässer geprägt sind, wandern sie nur in bestimmten Korridoren dorthin. Sind in diesen Wanderkorridoren Straßen gebaut worden, ergeben sich zwangsläufig erhebliche Konflikte. Müssen die empfindlichen Tiere auf ihrer Wanderschaft viel befahrene Verkehrswege queren, werden leider viele Tiere von Fahrzeugen überfahren oder erleiden tödliche Verletzungen durch den von schnell an ihnen vorbeifahrenden Fahrzeugen erzeugten Unterdruck. Um zu verhindern, dass die Tiere auf der Straße durch den Verkehr zu Tode kommen, müssen sie durch entsprechende Zäune aufgefangen, eingesammelt und auf die andere Straßenseite getragen werden. Von dort aus setzen sie ihre Wanderschaft zum Laichgewässer fort. An verschiedenen Wanderwegen werden sie zum Glück auch durch fest eingerichtete Leitanlagen (wie am Seehaus) sicher unter der Straße hindurchgeführt.
In Pforzheim beteiligen sich neben dem örtlichen Naturschutzbund Deutschland (NABU) wieder verschiedene städtische Ämter und viele Einzelpersonen an dieser Amphibienschutzaktion, die wie in den vergangenen Jahren auch vom Amt für Umweltschutz der Stadt Pforzheim zusammen mit dem NABU Pforzheim-Enzkreis koordiniert wird. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sammeln während der Wanderzeit die Tiere zumeist früh morgens und später am Abend entlang der Zäune ein und bringen sie sicher über die Straße. Nicht nur bei idealen Wanderbedingungen sondern aus Sicherheitsgründen durchgehend müssen die Schutzzäune abgegangen werden.
Schlechte Sicht in der Dunkelheit vermindert dann natürlich die Verkehrssicherheit. Zum Schutz der Helfer und der Fahrzeuglenker sind an manchen Stellen deshalb Geschwindigkeitsbegrenzungen unverzichtbar. In der Zeit von 17.30 bis 7 Uhr morgens ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf den betroffenen Straßen auf 30 Stundenkilometer begrenzt. Die Autofahrer müssen – auch zu ihrem eigenen Schutz – unbedingt Rücksicht nehmen!
Im Zeitraum Februar bis April werden in Pforzheim z.B. an folgenden Straßenabschnitten Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Tempo 30 (teilweise mit Zusatzzeichen 17.30 bis 7 Uhr) und mit Warnzeichen „Amphibienwanderung“ (Krötensymbol) eingerichtet werden:
- Kanzlerstraße zwischen Einmündung Straße „An der Schindersklamm“ und Wasserwerk Friedrichsberg
- Straße „An der Schindersklamm“ ab Ortsausgang Mäuerach bis Einmündung Kanzlerstraße
- Klingenstraße von der Einmündung Kirschenpfad bis zum Beginn des GewerbegebietesKlingenstraße
- Würmstraße in Huchenfeld (K 9805) zwischen Einmündung Unterer Hardtweg und Einfahrt zur ehemaligen Erddeponie.
- Kirschenpfad im Bereich Seehaus am Beginn des Amphibienschutzzauns vor der Zufahrt zum Seehaus-Parkplatz.
Folgende Straßensperrungen werden bei Bedarf in der Zeit vom 01.02. bis 30.04.2021 wieder durchgeführt:
- Eutinger Sträßchen zwischen Seehaus und Wurmberger Straße ab der Abzweigung zurLettenbrunnenhütte (auch tagsüber)
- In Büchenbronn der Waldweg direkt westlich der Gaststätte Herrmannsee – witterungsabhängig in der Zeit von 17.30 und 7 Uhr
- Im Bereich Krebspfad der Erschließungsweg mit der Flurstücksnummer 4791 zwischen denFlurstücken 4846/4724 und 4714 am Regenrückhaltebecken der Autobahn BAB 8. Dieses Wasservorkommen ist für mehrere Hundert Erdkröten und Molche ein lebenswichtiges Laichgewässer!
Aufgrund stärkerer Wanderbewegungen werden zusätzlich an verschiedenen Streckenabschnitten Warnschilder aufgestellt (z.B. am Rennbachweg in Eutingen, im Herrenstriet). Rücksichtsvolle Autofahrer sind gute Vorbilder für Kinder und Jugendliche!
Umfangreiche Informationen über die Amphibien in Pforzheim bietet das Amt für Umweltschutz im Internet unter www.pforzheim.de wieder an. Unter Stadt/Umwelt & Natur/Umwelt aktuell/Amphibienschutzaktion 2021 können diese Informationen nachgelesen werden. Allgemeines zum Thema „Amphibien“ sind unter Stadt/Umwelt & Natur/ Naturschutz/Artenschutz/Amphibien hinterlegt. Hier steht auch die Broschüre „Amphibien in Pforzheim“ zum Lesen bzw. als Download bereit.
Wer die Wanderung der Amphibien direkt selbst miterleben und bei den Schutzaktionen helfen möchte, kann sich z.B. telefonisch beim Amt für Umweltschutz unter Tel. 07231-39-2000 oder beim NABU Pforzheim-Enzkreis unter der Telefonnummer 07231-4550045 (Gerold Vitzthum) melden. Helfer werden immer dringend gesucht!
Die Amphibienschutzhelfer sind befreit von der aktuellen Corona-Ausgangssperre. Die Durchführung von Amphibienschutzmaßnahmen und die dafür notwendige Befreiung von den Ausgangsbeschränkungen lässt sich tagsüber (5 bis 20 Uhr) auf § 1c Abs. 1 Nr. 19 CoronaVO und nachts auf § 1c Abs. 2 Nr. 12 CoronaVO stützen, da die Durchführung der Amphibienschutzmaßnahmen sowohl aus Gründen des Tierschutzes als auch aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig sind (Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg vom 04.02.2021). Die üblichen Corona-Verhaltensregeln sind dabei aber zu beachten.